nern, bis die Nation entstand, die wir Israel nennen, und jenes einzigartige Kapitel der menschlichen Geistesgeschichte schuf, die Religion Israels.

Manches Mißgeschick widerfuhr den Königreichen Israel und Judäa. Verschiedentlich wurden die Oberschichten beider Königreiche vertrieben. Einige von ihnen kehrten später zurück, um die neue jüdische Nation zu gründen, und schrieben ein weiteres Kapitel der Kultur- und Religionsgeschichte. Aber das einfache Volk, die Bauern, die ihren Boden beackerten, die Schäfer, die ihre Herden hüteten, verließen das Land nie. Sie blieben zurück, als die Römer das zweite jüdische Gemeinwesen zerstörten. Einige blieben Juden, andere bekannten sich zu der jüdischen Häresie namens Christentum. Als das Land von der siegreichen Gefolgschaft Mohammeds erobert wurde, des Begründers einer weiteren semitischen Religion, übernahmen sie nach und nach den Islam und die arabische Sprache. Sie wurden das, was man heute die Palästinenser nennt, während die anderen, die ins Exil gingen, zusammen mit Massen von Konvertiten zu den heutigen Juden wurden. Historisch gesehen sind beide Zweige einer Familie, heute in tödlichem Kampf verstrickt.

Die Glorie unseres Landes, dieses schmalen Streifens, der über die Zeiten die Namen Kanaan, Israel, Palästina und viele andere trug, ist eine endlose Folge von Kulturen, Völkern, Eroberern, Glaubens- und Kulturgenien. Wohin man in diesem Land den Fuß setzt, findet man die Spuren der Kanaaniter und Israeliten, Juden und Christen, Moslems und Kreuzritter, Mamelucken und Ottomanen und vieler, vieler anderer. Jeder Versuch, die eine oder andere dieser Spuren auszumerzen, kommt dem Versuch gleich, Steinchen aus einem schönen Mosaik herauszulösen, Fäden aus einem wundervollen Teppich herauszuziehen, eine Farbe von einem Gemälde Michelangelos abzukratzen. Und doch will jede der kämpfenden Parteien genau das tun. Für viele Palästinenser beginnt die Geschichte des Landes mit der islamischen Eroberung vor dreizehn Jahrhunderten; hingegen ist die Geschichte, wie sie in den meisten israelischen Schulen gelehrt wird, die einer wandernden Karawane, die sich auf dem Boden Israels vierzehnhundert Jahre lang sammelte bis zum Aufstand von Bar Kochba vor achtzehn Jahrhunderten, die dann ausschwärmte in alle Teile der Welt, wo Juden lebten, und mit den ersten zionistischen Siedlern in das Land zurückkehrte.

Aber die Geschichte unseres Landes, auf das jedes israelische und palästinensische Kind stolz sein sollte, umfaßt alles: Kanaaniterkönige, Israelitenrichter, Moses und König David, Jesaja und Jeremia, Cyrus und Alexander den Großen, die Makkabäer und König Herodes, die Römer und Byzantiner, den Kalifen Omar und Gottfried den Kreuzfahrer, Saladin und Richard Löwenherz, zionistische Pioniere und ihre arabischen Feinde, Ben Gurion und Arafat. Das alles gehört zu unserem Lande, eine einzigartige, facettenreiche

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