Am Anfang gab es kleine Zwischenfälle unter Nachbarn: hier einige Kibbuzniks, dort ein paar arabische Schafhirten, die ihre Herde auf mühselig bestellten Äckern grasen ließen. Stöcke wurden geschwungen, Leute wurden verletzt, der Zwist wurde mit einer traditionellen arabischen sulkha (Versöhnungs-)Zeremonie beigelegt. Dann gab es Handgemenge, Schüsse fielen. Die jüdischen Schutzleute in exotischer Kluft waren die Idole der Zionisten, die örtlichen Wehrmänner der Araber hingegen bildeten Banden, um jüdische Dörfer zu überfallen. Nach den Pistolen kamen Gewehre, dann Maschinengewehre. Mit der Gründung des Staates Israel kamen Panzer und Kampfflugzeuge. Und dann kamen die Gerüchte über Atombomben und andere Arten der Massenvernichtungsmittel.

Als ich dreizehn Jahre alt war, begann ein Guerillakrieg, den die britische Regierung "Unruhen", die Araber "den arabischen Aufstand", die Juden "Ausschreitungen" nannten. Drei Jahre später übte ich Pistolenschießen ohne Kugeln, dann war ich Soldat und trug eine Maschinenpistole. Jetzt werden hochspezialisierte Waffen benutzt. Der Nachbarschaftsstreit in TürkischPalästina verwandelte sich in einen Kampf zwischen zwei Völkern unter dem britischen Mandat. 1948 wurde die ganze arabische Welt und die gesamte jüdische Diaspora in den Krieg einbezogen. Heute nehmen politische Wissenschaftler an, wenn sie mit der Simulation des Dritten Weltkrieges spielen, daß er mit der Schlacht um Jerusalem seinen Anfang nehmen wird.

Es gibt keinen Zweifel: Wenn die Dinge weiter ihren gegenwärtigen Lauf nehmen, wird es weitere Kriege um dieses Land geben, was zur Destabilisierung der ganzen Region führt, vielleicht zur globalen Konfrontation. Der Einsatz von Atomwaffen könnte unvermeidlich werden - mit seinen unvorstellbar grauenhaften Folgen.

Gibt es eine Lösung für diesen Konflikt? Kann man ihm ein Ende machen, bevor er uns allen ein Ende macht?

Kann man diese beiden hochintelligenten Völker, die dynamischsten Völker des Nahen Ostens, die beide Exil und Tragödie bitter erfahren haben, dazu bringen, friedlich zusammenzuleben in dem Land, das sie beide als Heimat beanspruchen und mit dem sie beide nun unauflöslich verbunden sind?

Vor vielen Jahren hat der französische Journalist Eric Rouleau einmal ein Treffen zwischen einem bekannten ägyptischen Linkspolitiker und mir arrangiert. Nach Mitternacht saßen wir im eleganten Pariser Restaurant La Coupole und diskutierten über mögliche Lösungen. Auf dem - nach dem Essen etwas fleckigen - Papiertischtuch notierten wir eine Liste theoretischer Möglichkeiten. Es waren fünf: Entweder löscht ein Volk das andere aus, oder eins unterwirft das andere, oder eins vertreibt das andere, oder beide Völker leben miteinander in einem Staat, oder das Land wird geteilt.

Danach gingen wir daran, jede der Möglichkeiten zu analysieren. Wir waren uns einig, daß Auslöschung nicht in Frage kommt, nicht nur aus moralischen,

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