Die Fatah konnte dorthin Vordringen, wo Schukairys PLO nichts tun konnte. Syrien boykottierte Schukairy als Lakaien Nassers und der ägyptischen Politik, Jordanien boykottierte ihn aus anderen Gründen. Algerien sympathisierte mit einem Boykott, weil dort Houari Boumedienne an die Macht gekommen war, ein Mann, der Nasser haßte, weil die Ägypter seinen Feind Ahmed Ben Bella unterstützt hatten.

Im Juni 1967 hatte Arafat sein Ziel erreicht. Die Tätigkeit der Fatah trieb die Spannungen zwischen Israel und Syrien auf den Höhepunkt. Israel schien im Begriff, in Syrien einzumarschieren. Um das zu verhindern, zog Nasser seine Armee auf dem Sinai zusammen, schickte die dort stationierten UNOTruppen weg und erklärte die Straße von Tiran für geschlossen. Israel begann den Krieg, in dessen Verlauf es alle restlichen Teile Palästinas sowie die Golanhöhen und den Sinai besetzte.

Nach diesem Krieg verpaßte Israel die historische Gelegenheit, mit dem palästinensischen Volk Frieden zu schließen, wie zuvor beschrieben. Eine neue Phase des Kampfes zwischen Israel und dem palästinensischen Volk begann.

Der Sechstagekrieg hatte zwei bedeutende Konsequenzen, die damals in Israel übersehen wurden. Erstens waren zum ersten Mal seit 1948 alle Gebiete Palästinas unter einer Regierung vereint - der israelischen. Drei Zweige der Palästinenserfamilie - die Araber der West Bank, des Gaza-Streifens und des eigentlichen Israel - waren wiedervereinigt. Zweitens war die FatahBewegung die einzige arabische Kraft, die von der Schande der Niederlage unbefleckt war. Das Prestige der Armeen Ägyptens, Jordaniens und Syriens lag in Scherben. Nur die Fatah-Guerillas (oder Terroristen, wie Israelis sagten) setzten den Kampf fort. Viele Araber meinten, sie allein hielten die arabische Ehre aufrecht. Ehre und Schande, wie schon oft gesagt worden ist, spielen in Mentalität und Tradition der Araber eine große Rolle, etwa so wie Unschuld und Schuld in der europäischen Kultur.

Der Kampf um Karameh im März 1968 hob das Prestige der Fatah noch mehr. Für Israelis war es bloß eine von vielen Stoßtruppaktionen, und eine ziemlich erfolglose dazu. Für Araber aber war es eine Schlacht, in der die palästinensischen Truppen einen großen Sieg über die Israelis errungen hatten. Nach der Schande des Sechstagekrieges gab das der arabischen Moral ganz erheblichen Auftrieb, und es tat Wunder bei den Palästinensern, besonders bei denen, die dabei waren, wie Arafat, Hammami und Sartawi. In der Fatah-Sprache nannte man den Sieg von Karameh im selben Atemzug wie die Yarmuk-Schlacht (im Jahre 636 besiegten die Moslems das byzantinische Heer und öffneten damit den Arabern die Tore Palästinas), die Schlacht von Hittin (im Jahre 1187 schlug der Sultan Saladin von Ägypten den Kreuzfahrerkönig von Jerusalem) und die Schlacht von Ain Jalut (im Jahre 1260 schlug nahe dem heutigen Kibbuz Ein Harod das ägyptische Heer die mongolischen

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