Bank überlassen würden, was eine Lösung der Palästinenserfrage vorweggenommen hätte. Das wurde nur durch die Zaghaftigkeit der neuen Regierung Rabin verhindert. Golda Meir hatte versprochen, Wahlen abzuhalten, bevor ein Zentimeter Boden der West Bank an die Araber zurückgegeben würde. Als nun Außenminister Yigal Allon seinen Ministerpräsidenten Rabin wissen ließ, Henry Kissinger habe die Abtretung Jerichos an König Hussein vorgeschlagen, so daß man westlich des Jordan die jordanische Fahne hissen und demonstrieren könnte, daß die West Bank weiterhin zum haschemitischen Königreich gehörte, soll Rabin erwidert haben: "Ich werde doch nicht wegen Jericho wählen lassen!"

Die neue Realität, die der Yom Kippur-Krieg geschaffen hatte, machte nachdenklichen Palästinensern klar, daß es an der Zeit war, den Blick auf realistischere Ziele zu richten. Said Hammami bekam von Arafat grünes Licht für seinen Artikel in The Times, mit dem man sich zum ersten Mal auf die Existenz Israels als Dauerfaktum im Nahen Osten einließ und der die Errichtung "eines neuen Staates Palästina als Mitglied der Völkerfamilie" zum Ziel der Palästinenser erklärte. Mehr noch, Hammami erkannte in seinem zweiten Artikel nicht nur den Staat Israel an, sondern auch die israelische Nationalität, indem er schrieb: "Die israelischen Juden und die palästinensischen Araber müssen einander als Völker anerkennen mit allen Rechten, auf die ein Volk Anspruch hat." Das schließt natürlich das Recht auf Selbstbestimmung und auf einen Staat ein, eben die Rechte, welche die Palästinenser für sich beanspruchen und deshalb nun auch den Israelis zugestehen müssen.

Wie weit gab Hammami damals die Haltung der PLO wieder? Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Hammami im Namen der obersten Fatahführung handelte, gestützt insbesondere von Yassir Arafat, Khalil al-Wazir ("Abu Jihad") und Mahmoud Abbas ("Abu Maazen"). Dem letzteren, einer Zentralfigur in der Fatah und der PLO, im Ausland aber weithin unbekannt, war Hammami direkt unterstellt.

Hammami hätte seine Erklärungen nicht veröffentlichen und offizieller PLORepräsentant in London bleiben können, wenn er nicht die volle Unterstützung Arafats gehabt hätte. Das heißt jedoch nicht, daß die Palästinenserführung zu der Zeit bereit gewesen wäre, sich offiziell und uneingeschränkt hinter seine Erklärungen zu stellen. Hammami war, wie später Sartawi, ein Wegbereiter, der vorausmarschierte, unterstützt von seinen Vorgesetzten, aber auch aus eigener Initiative. Viel war zu tun, um diese Gedanken in einen allgemeinen Konsensus zu verwandeln, den die ganze Bewegung trug oder zumindest ihre große Mehrheit. Die Masse der Marschierer lag noch weit zurück und mußte vorangebracht werden.

Im Juni 1974 trat der Palästinensische Nationalkongreß in Kairo zusammen und beschloß ein Zehnpunkteprogramm. Wie gewöhnlich, wenn die PLO einen großen Schritt vorwärts tut, war der operative Teil des neuen Beschlus-

90