Die mentale Sperre

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"Nein", sagte Itzhak Rabin. "Ich habe nicht die Absicht, mich mit Yassir Arafat zu treffen!"

Er saß hinter dem großen Schreibtisch im Büro des Ministerpräsidenten in Jerusalem, in einem viereckigen, ziemlich häßlichen neuen Gebäude nicht weit von der Knesset. Die Schreibtischplatte war vollständig leer, nicht ein einziger Gegenstand, kein Blatt Papier lagen darauf, nicht einmal ein Terminkalender oder ein Stift.

"Ach, übrigens", setzte er hinzu, "Sie sind nicht der Erste, der meint, ich müßte mich mit ihm treffen. Mehrere internationale Persönlichkeiten sind mit derselben Idee an mich herangetreten."

Wenige Tage nach meiner Rückkehr aus London schrieb ich dem Ministerpräsidenten und bat ihn um ein Gespräch. In meinem Brief vom 19. Oktober 1975 mit dem Vermerk "Vertraulich" schrieb ich:

"Bei meinem Aufenthalt in London vergangene Woche habe ich lange Gespräche mit Herrn Said Hammami geführt, dem offiziellen PLO-Repräsentanten in London, einer der maßgeblichen Persönlichkeiten in der politischen Führung der Organisation.

Anfang des Jahres hat Hammami, nach einem Gespräch mit mir, eine detaillierte Stellungnahme veröffentlicht, in der er die Errichtung eines Palästinenserstaates an der Seite Israels, gegenseitige Anerkennung, Verhandlungen und die Einstellung des Terrorismus vorgeschlagen hat.

Er informierte mich über die Entwicklungen seither, die Überlegungen der Führungsspitze der PLO und der Fatah etc. Auf seine Bitte hin kamen wir überein, über unsere Zusammenkünfte nichts verlauten zu lassen.

Ihre äußerst negative Einstellung zu dem Gedanken eines Palästinenserstaates und eines Dialogs mit der PLO ist mir bekannt, ich meine aber doch, daß Sie diese Dinge von einem, der direkten Kontakt hat, mit eigenen Ohren hören sollten, und sei es nur, um Ihre Position zu überprüfen und sie im Licht sich verändernder Umstände auf den neuesten Stand zu bringen.

Ich möchte Sie deshalb bitten, mir Gelegenheit zu geben, Ihnen über meine Gespräche zu berichten - auf persönlicher und absolut informeller Grundlage und selbstverständlich ohne jede Publicity."

Am nächsten Tag rief der Sekretär des Ministerpräsidenten, Eli Misrachi, bei mir an und bat mich, am 28. Oktober um drei Uhr nachmittags zu Rabin zu kommen.

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