Um unerwünschten Fragen auszuweichen, nahm jeder von uns einen anderen Flug nach Paris. Ich sollte zu einer bestimmten Zeit am Flughafen Charles de Gaulle eintreffen, einer aus der Pariser Gruppe sollte mich abholen und mit einem Schild anzeigen, daß er einen Herrn Levy erwarte.

Wie gewöhnlich, wenn Curiel und seine Freunde etwas organisierten, lief alles ganz genau nach Plan. Ich traf den Mann, der ein Plakat mit dem Namen des Herrn Levy schwenkte, und er brachte mich in seinem Wägelchen durch das südliche Paris nach Rambouillet, einem hübschen kleinen Dorf aus Landhäusern, Villen und Wald. Am Rande des Dorfes stand eine einzelne Villa. Dort sollte das Treffen stattfinden.

Der erste Mensch, den ich dort erblickte, war Sabri Jiryes, ein alter Bekannter von mir. Sabri war ein junger Anwalt aus dem arabischen Dorf Fassouta in Galiläa. Er hatte an der Hebräischen Universität in Jerusalem studiert und war als nationalistischer Aktivist berühmt geworden. In den sechziger Jahren hatte eine Gruppe national gesinnter arabischer Staatsbürger Israels versucht, eine Araberpartei namens al-Ard (Das Land) zu gründen. Er gehörte zu den jüngeren Mitgliedern. Ich hatte ein wenig bei der Gründung geholfen, und dabei hatte ich ihn kennengelernt. Die Gruppe wurde von den Behörden unterdrückt; Sabri schrieb ein Buch auf Hebräisch über die rechtliche Diskriminierung der Araber in Israel und die Enteignung ihres Bodens für die jüdische Besiedlung. Bald darauf mußte er das Land verlassen, weil er erfahren hatte, daß er sonst verhaftet würde. Vorher begegnete ich ihm mehrmals. Ich entsinne mich einer hitzigen Debatte auf der Treppe zu meiner Wohnung nach einer Versammlung in einem Tel Aviver Intellektuellenclub. Wir diskutierten über palästinensischen Nationalismus. In seiner Erregung rief Sabri: "Die Deutschen haben sechs Millionen Juden umgebracht, aber ihr habt ein Abkommen mit ihnen geschlossen, und jetzt habt ihr freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland. Wir Palästinenser haben keine Millionen getötet warum könnt ihr nicht Frieden mit uns machen?"

Stundenlang diskutierten wir auf der Straße. Wir waren zu dritt - Sabri, ich und der Dichter Raschid Hussein, auch ein Nationalist und al-Ard-Anhänger, der mir 1965 im Wahlkampf geholfen hatte. Ich erinnere mich, daß ich mich über Sabris extremistische Ansichten aufregte. Wir Palästinenser müssen die arabische Welt revolutionieren, sagte er, um gegen Israel die Oberhand zu gewinnen.

"Seid ihr bereit, dafür euer eigenes Volk zu opfern?" konterte ich. "Wenn es Krieg gibt zwischen Israel und der arabischen Welt, werden die Palästinenser in Israel die ersten Opfer sein!"

"Es macht mir nichts, wenn sie bis zum letzten Mann getötet werden", sagte er, "wenn wir unser Ziel erreichen."

Als ich das nächste Mal von Sabri hörte, war er PLO-Funktionär in Beirut. Er hatte in einer arabischen Zeitung einen Artikel geschrieben, in dem er ganz

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