Welle von Presseberichten Sartawi nicht aus der Fassung; sie begann am 22. September mit einem Artikel von Schlomo Nakdimon, einem rechten Journalisten, der später Ministerpräsident Begins Pressereferent wurde. Wie ich schon erzählt habe, war bei unserem zweiten Treffen im Oktober die Frage der Publizität aufgekommen und hatte zu einer hitzigen Debatte geführt. Weil Sartawi darauf bestand, versprachen wir erneut und diesmal in höchst entschiedener Form, jede Veröffentlichung zu verhindern. Inzwischen wußten wir sehr gut, daß die Bekanntgabe der Gespräche nicht nur das Fortschreiten unseres Dialogs und das menschliche Vertrauen zwischen beiden Seiten unterminieren, sondern auch Sartawi persönlich gefährden würde. Die PLOFührung war noch nicht zum öffentlichen Dialog bereit, und Radikale konnten gewalttätig reagieren.

Wir waren deshalb konsterniert, als wir am 20. Oktober in der Yedioth Aharonot einen neuen Artikel von Nakdimon lasen, der besagte, daß vor zehn Tagen wieder ein Treffen stattgefunden habe. Diesmal wurden alle Einzelheiten gebracht, alle vier israelischen Teilnehmer wurden namentlich genannt, und sogar über einige der Themen wurde berichtet, zum Beispiel die Aufbringung des libanesischen Schiffes durch die israelische Marine. Nur die Namen der palästinensischen Teilnehmer wurden verschwiegen.

Das war verheerend. Uns war klar, daß es von Sartawi und den betroffenen PLO-Führern als Vertrauensbruch erster Ordnung, als Dolchstoß in den Rücken empfunden würde. Es konnte das Ende unserer Kontakte sein, auf die wir so geduldig hingearbeitet hatten.

Wer war der Informant? Wir stellten diverse Mutmaßungen an. Die einen meinten, Verteidigungsminister Schimon Peres habe absichtlich geredet, um die Schuld, ganz zu unrecht, Ministerpräsident Itzhak Rabin zu geben, der von den Kontakten wußte, sie jedoch nicht billigte. Andere meinten, das Leck läge im Mossad, der die Fortsetzung der Kontakte verhindern wolle. Der Mossad gehört nicht zum Verteidigungsministerium, sondern zum Amt des Ministerpräsidenten, ebenso wie der Schin Bet, aber man kann wohl annehmen, daß ein paar Mossad-Chefs Freunde von Peres waren.

Ich glaubte nicht für einen Moment an diese Spekulationen. Ich glaubte, und Nakdimon bestätigte es mir in einem Vieraugengespräch, daß das Leck in unserer eigenen Organisation zu suchen war. Wir zogen daraus die praktische Konsequenz, unsere Berichte künftig auf allgemeine Informationen zu beschränken und auch unseren Kollegen keine vertraulichen Fakten mehr mitzuteilen. Dies erwies sich als erfolgreich, und über die Jahre gab es nie wieder ein Leck. Die Kehrseite war, daß alle wirklich geheimen Gespräche auf eine sehr kleine Gruppe israelischer Teilnehmer beschränkt blieb, die praktisch aus Matti Peled, Jakob Arnon und mir bestand.

Inzwischen mußten wir Zäune flicken und den angerichteten Schaden reparieren. Ende Dezember wurde ich nach Paris geschickt, um in Abwesenheit

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