mißhandelt hatten. In ihrem emotionalen Zwiespalt Israel gegenüber waren sie überdies außerordentlich neugierig auf jedes Exemplar der Israelis, das ihnen in die Hände geriet.

Der Gefangene durfte schließlich im Austausch gegen rund achtzig verurteilte "Terroristen", die aus israelischen Gefängnissen freikamen, heimkehren. Kreisky und Sartawi hatten an den Geheimverhandlungen mitgewirkt, was einer der Gründe dafür war, daß ich Sartawi häufig in Wien traf. Wir spielten dabei keine Rolle - eine weitere verpaßte Gelegenheit.

Bei einer Diplomatengesellschaft vor dem Gefangenenaustausch begegnete ich Menachem Begin. Als er mich erblickte, kam er auf mich zu, schüttelte mir herzlich die Hand und sagte mit gesenkter Stimme: "Ich höre, Sie haben sich für die Freilassung unseres Gefangenen eingesetzt. Gott segne Sie!" Die Leute um uns herum hätten gar zu gern gewußt, was der große Mann mir ins Ohr geflüstert hatte.

Dieser Segenswunsch von einem Manne, für den alle Angehörigen "der sogenannten PLO" verabscheuenswerte Mörder waren und der unentwegt gegen unsere Kontakte wetterte, war schon seltsam. Aber irgendwie war er charakteristisch für Israel.

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Die Jahre 1978-1980 waren Jahre der Unschlüssigkeit. Innerhalb der Palästinenserbewegung bekämpften sich weiterhin die Kräfte, die einen eindeutigen Friedenskurs befürworteten (auch die "Sartawi-Linie" genannt), und die von Syrien und Libyen gestützten Militanten. Es war wie auf der Wippe. Das Abkommen von Camp David war von der PLO rundum verurteilt worden. Sie sah darin einen Betrug am palästinensischen Volk, und so, wie Begin es interpretierte, war es das ja wohl auch. König Hussein und die Saudis, die nicht konsultiert worden waren, würden daran nicht beteiligt sein. Sadat hatte sich selbst im Effekt völlig von der arabischen Welt isoliert. Und anstatt sich aus dem Ghetto zu befreien, in dem sich Israel seit dreißig Jahren befand, brachte die israelische Regierung es fertig, Ägypten mit hineinzuziehen.

Was aber dann nach der Verurteilung geschah, wurde vom Westen weitgehend ignoriert. Die westliche Presse folgte, wie üblich, der israelischen Taktik, arabische Ereignisse und Entwicklungen nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn sie der Regierung Israels nicht ins Konzept paßten.

Nach den Vereinbarungen von Camp David wurden die arabischen Staatschefs zu einer Gipfelkonferenz gerufen, die Anfang November 1978 in Bagdad stattfand. Zum großen Erstaunen vieler Experten beschloß die Bagdader Gipfelkonferenz einstimmig eine unglaublich moderate Resolution. Da hieß es: "Die Konferenz erklärt die Verpflichtung der arabischen Nation zu einem gerechten Frieden auf der Grundlage des umfassenden israelischen Rückzugs aus den 1967 besetzten arabischen Gebieten einschließlich Arabisch-

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