Die beiden Preisträger waren gebeten worden, im Verlauf der Zeremonie zu den Versammelten zu sprechen. Sartawi pries natürlich die PLO und bemühte sich sehr, eine möglichst unprovokante Rede zu halten. Er hoffte, Lova würde das auch tun.

Aber Eliav ist nicht der Mann, den die Empfindlichkeiten anderer Leute allzu sehr beschäftigen. Er nahm die Gelegenheit dieser Rede wahr, um ein Loblied auf Ideologie und Praxis des Zionismus zu singen.

Für Palästinenser ist der Zionismus noch immer das Haßobjekt erster Ordnung. Sie konnten bestenfalls den Gedanken ertragen, daß sie zionistische Gesprächspartner im Dialog akzeptieren müßten, aber jede unnötige Erwähnung des Zionismus brachte sie auf. Theoretisch galt sie noch, die Resolution des Palästinensischen Nationalrates vom März 1977 mit ihrer Forderung eines Dialogs mit demokratischen und fortschrittlichen Kräften "innerhalb und außerhalb des besetzten Heimatlandes, die gegen Ideologie und Praxis des Zionismus kämpfen".

Sartawi war sehr betroffen. Er ahnte Schreckliches. Später sagte er zu mir: "Gut, Lova hätte einmal vom Zionismus reden können, um der Form Genüge zu tun. Aber er hat doch gewußt, wie brisant meine Situation schon war, weil ich bei dieser Zeremonie überhaupt erschienen bin, warum mußte er so darauf herumreiten?"

Bald prophezeiten Meldungen in arabischen Blättern des ganzen Nahen Ostens, daß Issam Sartawi vor Gericht gestellt würde, weil er zusammen mit einem führenden Zionisten bei der Feier aufgetreten sei. Einige forderten seine Hinrichtung. Es war eine glänzende Gelegenheit für alle Gegner Sartawis und seiner Linie, sich zusammenzutun und ihn zu vernichten.

Am 5. Dezember rief ich Sartawi in Paris an. Ich war beunruhigt von den Presseberichten über seinen bevorstehenden Prozeß, die in den israelischen Medien an prominenter Stelle veröffentlicht worden waren. "Sie haben meinen Kopf gefordert, und sie sind immer noch auf meinen Kopf aus", sagte er. "Ich stehe unter gewaltigem Beschuß von allen Seiten. Ich gehe zurück nach Beirut."

"Was werden Sie tun?" fragte ich.

"Ich gehe zurück, verstehen Sie, in die Höhle des Löwen."

"Wann kommen Sie wieder?"

"Falls ich wiederkomme .. ." Dann sagte er: "Wollen Sie die Sache nicht ein bißchen zur Sprache bringen? Es würde nichts schaden, den gemeinsamen Freund anzurufen, Sie wissen schon, wen ich meine, und ihm zu erzählen, was Sie gehört haben, ohne meinen Namen zu nennen natürlich, verstehen Sie." Ich versprach ihm, am nächsten Tag Bruno Kreisky anzurufen.

"Es kann nichts schaden. Es gibt der Sache eine internationale Dimension." Ein Jahr zuvor, als Issam und ich bei Bruno Kreisky zu Hause zu Abend aßen, hatte Kreisky von sich aus ein Versprechen gegeben: "Wenn einer von Ihnen

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