Der Krieg

38

Am Donnerstag, dem 3. Juni 1982, wurde Schlomo Argow, der israelische Botschafter in London, vor dem Hotel Grosvenor mitten in London niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt.

Am nächsten Vormittag trat das israelische Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen und billigte den Vorschlag des Ministerpräsidenten Menachem Begin, Beirut zu bombardieren und damit den inoffiziellen Waffenstillstand zu beenden, den der amerikanische Unterhändler Philipp Habib erreicht hatte. Dieses sonderbare Abkommen zwischen zwei Seiten, die ihre Existenz gegenseitig nicht anerkannten, zwischen Israel und der PLO, hatte elf Monate lang Israels Nordgrenze geschützt. In diesen elf Monaten wurde nicht ein einziger Israeli verletzt, eine bemerkenswerte Demonstration der Fähigkeit Yassir Arafats, auch die Extremisten in seiner Organisation im Zaum zu halten.

In der Kabinettssitzung sagte der israelische Geheimdienstchef, er habe einen Experten für palästinensische Organisationen mitgebracht, der bereit sei, dem Kabinett einen kurzen Vortrag über die Abu Nidal-Organisation zu halten, die als Urheber der Londoner Straßenschießerei identifiziert worden sei. Begin wischte das vom Tisch. "Das ist überflüssig", sagte er. "Die sind alle PLO."

Am Freitag, dem 4. Juni, flog die israelische Lutwaffe ihren bisher intensivsten Luftangriff auf Westbeirut. Die PLO revanchierte sich am Sonnabend, dem 5. Juni, mit Geschützfeuer auf Israels Nordgrenze. Bei dem Bombenangriff auf Beirut sollen etwa 500 Menschen umgekommen sein. Bei der PLO-Kanonade wurde ein Israeli getötet.

An diesem Abend beschloß das israelische Kabinett den Einmarsch in den Libanon. Der Krieg war da.

*

Am Mittwoch, dem 9. Juni, dem vierten Tag des Krieges, entschloß ich mich zu einem Besuch an der Front. Zu dieser Zeit erhielten israelische Journalisten keine Genehmigung zum Grenzübertritt. Ich packte eine Fotografin und eine Korrespondentin in mein Privatauto und versuchte, am Hauptübergang die Grenze zu passieren, wurde aber daran gehindert. Stundenlang fuhr ich an dem Militärzaun entlang, der die Grenze markiert, und suchte einen Weg hinüber. An jedem Grenzübergang wurde ich von Armeeposten abgewiesen.

284