Am Boden schlug sich die syrische Armee gut. In der Nähe von Sultan Yaaqub tappten die israelischen Truppen in einen Hinterhalt, erlitten eine schmerzliche Niederlage und waren außerstande, ihr Ziel zu erreichen - die Autobahn Beirut-Damaskus -, bis am Freitag, dem sechsten Tag des Krieges, der Waffenstillstand in Kraft trat.

Dieses Waffenstillstandsabkommen an sich war in arabischen Augen ein Akt des Verrats. Als es in Kraft trat, verkündete Ariel Scharon, daß es sich nicht auf "Terroristen" erstrecke, das heißt auf die PLO-Truppen. Und so lief die mächtige syrische Armee ihren Kriegskameraden davon und überließ es den Palästinensern allein, sich der ganzen Macht der israelischen Armee zu stellen. Eine klarere Antwort auf die Frage nach den syrischen Absichten konnte es kaum geben.

Zur allseitigen Überraschung hielten sich die PLO-Truppen gut. Sie waren nicht fähig, der israelischen Armee im offenen Feuer entgegenzutreten, dazu waren sie zu schlecht ausgebildet und ausgerüstet. Sie hatten überhaupt keine Luftwaffe, und soweit sie schwere Waffen besaßen, blieben diese weitgehend in ihren Verschlügen verstaut, weil niemand sie bedienen konnte. Aber in den Städten und Flüchtlingslagern kämpften die PLO-Truppen zäh und gut und erwarben sich die Hochachtung einiger israelischer Offiziere und Kommentatoren.

Der entscheidende Punkt war Sidon. Eine einzige Straße führt von der israelischen Grenze nach Beirut, und diese geht mitten durch Sidon. Schon einmal war Sidon Schauplatz eines für die Palästinenser wichtigen Kampfes gewesen. Dort wurde 1976 eine syrische Panzerkolonne von Palästinensertruppen zerstört, die den Vorteil nutzten, den irreguläre oder halbreguläre Streitkräfte im Straßenkampf gegen feindliche Panzer haben. Damals wurde übrigens die siegreiche Palästinensertruppe von Abu Mussa kommandiert eben dem Offizier, der sich 1983 der syrischen Verschwörung gegen sein eigenes Volk anschloß.

Die israelischen Truppen konnten nicht zum Großangriff auf Beirut antreten, ohne vorher Sidon zu erobern. Dort aber lieferten ihnen die Palästinenser einen hartnäckigen Kampf, der sich in der Stadt und im Flüchtlingslager Ein Hilwa tagelang hinzog (dieses sogenannnte Flüchtlingslager war, wie alle im Libanon, keineswegs ein Lager, sondern eine von Flüchtlingen aufgebaute Nachbarstadt). Solange dieser Widerstand nicht gebrochen war, konnten die Israelis ihre Truppen und Ausrüstungen nicht hinaufschaffen an den Stadtrand Beiruts, und auch mit Seetransporten, die bei Damour zwischen Sidon und Beirut an Land gebracht wurden, konnte man keine ausreichende Streitmacht zusammenbringen. Der Krieg, der eigentlich in vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden beendet sein sollte, verwandelte sich in etwas ganz anderes. Er zog sich hin und erlaubte der israelischen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, sich zu einer starken politischen Kraft zu entwickeln.

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