im Libanon zu einer Demonstration auf dem zentralen Platz der Könige in Tel Aviv aufgerufen. Eine Stunde vor der festgesetzten Zeit fragten mich ausländische Journalisten, wieviele Leute nach meiner Schätzung wohl kommen würden. Ich antwortete ganz ehrlich, daß ich es als großen Erfolg werten würde, wenn sich tausend Demonstranten einfänden. Noch nie hatte es in Israel eine Antikriegskundgebung gegeben, während ein Krieg im Gange war. Eine Stunde später waren zwanzigtausend Menschen auf dem Platz. Viele der Demonstranten waren junge Leute, die als Reservisten bereits Kämpfe dieses Krieges erlebt hatten und aus dem Dienst entlassen waren.

Dieser Erfolg spornte die Peace Aow-Bewegung, die in den ersten Wochen sehr schweigsam gewesen war, zu einem eigenen Demonstrationsaufruf für den folgenden Sonnabend, den 3. Juli, an. Eine Stunde vor Beginn sendete der israelische Rundfunk ein PLO-Kommuniqué, das soeben in Beirut herausgegeben worden war und besagte, daß Uri Avnery sich in Westbeirut mit Yassir Arafat getroffen habe.

Zehn Tage später sah ich Issam in Paris wieder. Freunde in den Vereinigten Staaten hatten mich gebeten, sofort hinüberzukommen und über mein Treffen mit Arafat zu berichten. In der europäischen Presse war das Treffen eine Sensation gewesen - The Times in London hatte es eine historische Begegnung genannt -, in den amerikanischen Medien jedoch war es überhaupt nicht erwähnt worden. Meine amerikanischen Freunde meinten, diese offensichtliche Verschwörung des Schweigens könnte ich brechen, wenn ich in die USA käme. Und tatsächlich, während der achtundvierzig Stunden meines Aufenthalts in New York und Washington sprach ich in fünf Fernsehnetzen und gab Interviews, die in den führenden Blättern gedruckt wurden. Was mir jedoch bei diesem Besuch am meisten auffiel, war die Entschlossenheit bei Beamten wie Journalisten, alles zu ignorieren, was daraufhindeutete, daß die PLO zu einer Regelung bereit sei. Alles, was geeignet war, das vorherrschende Klischee von der PLO und den Palästinensern generell als einer Terroristenbande zu erschüttern - eine östliche Version der Rothäute in alten Hollywood-Western -, wurde schlicht ignoriert.

Auf dem Weg dorthin legte ich einen Zwischenaufenthalt in Paris ein und verbrachte den Tag in Diskussionen mit Sartawi. Dann fuhren wir zu dritt Matti hatte sich zu uns gesellt - zu einer Pressekonferenz nach London. Dort äußerte Issam seinen Verdacht, daß Abu Nidal für den Mossad arbeite und daß der Mordanschlag auf Botschafter Argow von Scharon inszeniert worden sei. Die Journalisten wandten sich an mich und baten mich um einen Kommentar dazu. Ich erwiderte: "Ich glaube es nicht und ich möchte es nicht glauben." Matti, dem dieselbe Frage gestellt wurde, äußerte sich weniger deutlich; er sagte, er werde sein Urteil erst dann fällen, wenn er alle Beweise gesehen hätte. Diese unverbindliche Antwort zog manche Komplikationen nach sich. Ein rechter israelischer Anwalt verlangte, daß Matti wegen Kollabo¬

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