Danach

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Es war ein schrecklicher Abend, einfach schrecklich.

Dabei hatte alles ganz gut angefangen. Eine Friedensgruppe in Amsterdam hatte mich zu einer öffentlichen Diskussion mit einem Vertreter der PLO eingeladen. Ich hatte Issam erwartet, stattdessen erschien aber Imad Schakour. Issam kam auch, aber Yassir Arafat hatte beschlossen, den Kreis der PLO-Funktionäre zu erweitern, die zusammen mit zionistischen Israelis bei öffentlichen Foren auftraten. Um zu betonen, daß er nach dem Kampf von Beirut entschlossen war, auf eine Friedensinitiative hinzusteuern, hatte er Imad geschickt, seinen persönlichen Mitarbeiter und Berater in israelischen Fragen. Schakour war israelischer Staatsbürger und hatte Israel verlassen, nachdem er mehrmals verhaftet worden war. Er war der Mann, der für Arafat Auszüge aus der israelischen Presse und alle meine Artikel in der Haolam Hazeh übersetzte. Ich hatte ihn während der Belagerung in Beirut kennengelernt.

Nach dem Auftritt einer palästinensischen Tanzgruppe setzte ich mich mit Imad aufs Podium; wir waren schon mitten in der Diskussion, als uns ein Blatt Papier hinaufgereicht wurde. Es besagte, soeben habe man Nachricht über ein Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern in Beirut erhalten.

Es war am 18. September 1982, am Abend des ersten Tages des Rosch Haschana, des jüdischen Neujahrsfestes.

Wir setzten unsere Diskussion fort, als sei nichts geschehen, redeten über Frieden, Koexistenz zwischen Israel und einem Palästinenserstaat, Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und der PLO. Und während wir redeten, wurden uns neue Zettel gebracht. In den Flüchtlingslagern Sabra und Chatila, zwei Hüttenstädten, die ich nach meinem Gespräch mit Yassir Arafat vor zwei Monaten noch besucht hatte, waren Hunderte umgebracht worden. Nach der Versammlung gingen Imad und ich gemeinsam zu dem kleinen Hotel, in dem wir beide wohnten. Wir sprachen Hebräisch, das Imad perfekt beherrschte, hatte er doch an der Hebräischen Universität in Jerusalem studiert. "Sie wollen jede Möglichkeit ausschalten, daß Palästinenser und Israelis je miteinander reden", sagte er und ergänzte: "Aber das lassen wir nicht zu!" Im Hotel erwartete uns Issam inmitten einer Gruppe von Palästinensern, die zu der Veranstaltung nach Amsterdam gekommen waren, palästinensischen Aktivisten und Funktionären aus Holland und den Nachbarländern. Wir gingen alle in eine Kneipe, eine recht zweifelhafte. Dort setzten wir uns um einen Tisch herum und redeten über die Greueltaten an Palästinensern,

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