Verteidigungsminister, der die Deportationen angeordnet hatte. "Wenn Scharon Bassam Schaka (den abgesetzten Bürgermeister von Nablus) ausweist, wird der bestimmt ein geeigneter Kandidat für den Ministerpräsidenten." Schaka war tatsächlich von der Ausweisung durch Weizmann bedroht gewesen, aber die Anordnung wurde widerrufen, als der Oberste Gerichtshof eingegriffen hatte. Kurz darauf verlor Schaka bei einem Mordanschlag jüdischer Terroristen beide Beine. Gleichzeitig büßte Karim Khalaf, sein Amtskollege in Ramallah, durch einen Anschlag ein Bein ein.

Issam ritt auf einer Woge des Optimismus, aber alles ging ihm viel zu langsam. Er schmiedete große Pläne, die er mir im Laufe des Abends anvertraute. Eins der größten Probleme war, die Bevölkerung der besetzten West Bank zu einer starken Friedensbewegung zu organisieren, damit ihr interner Druck in der PLO spürbar würde. Issam dachte daran, so etwas wie eine Interessenvertretung zu schaffen, die aus einigen couragierten Persönlichkeiten in der West Bank und namhaften Palästinensern überall in der Diaspora bestand, vor allem in den Vereinigten Staaten und in Europa; diese Lobby könnte auf die Vorgänge im Palästinensischen Nationalrat ein wirken und vielleicht den entscheidenden Anstoß für ein klares und unmißverständliches Friedensprogramm geben. Er bat mich, unverzüglich mit einigen West Bank-Leuten zu reden, ihnen dies zu erläutern und festzustellen, welche Hilfen sie brauchten.

Am nächsten Tag mußte Issam nach London, um mehrere Termine wahrzunehmen, die June Ward für ihn vereinbart hatte, eine sehr attraktive und effektive junge Engländerin, auf die er mehr und mehr baute. Ich verbrachte den Tag mit Abu Faisal.

Abu Faisal war am Abend vorher eingetroffen, als ich mit Issam speiste. Beim Betreten der Wohnung, die Issam als Büro diente, sah er im Flur einen Koffer stehen. Er erkannte ihn als meinen und ließ mir das Hauptgästezimmer. Als ich spätabends heimkam, schlief er bereits im Nebenraum.

Nach dem Aufstehen erzählte er mir seine aufregende Geschichte. Er war geblieben, als die PLO Beirut räumte. Er war kein Kombattant und besaß gültige libanesische Papiere. Eines Morgens hatte er merkwürdigen Lärm gehört und festgestellt, daß die israelische Armee in Westbeirut einmarschierte. Er zog sich eilig an und ging auf die Straße hinaus, gerade rechtzeitig, um auf eine Gruppe israelischer Offiziere zu stoßen, die ihn nach der Wohnung von Abu Faisal fragten. Er schickte sie zu seinem Appartement und begab sich schnellstens zur französischen Botschaft, wo er Asyl fand. Den israelischen Offizieren war nachzusehen, daß sie ihn nicht verdächtigt hatten, denn kein Mensch konnte weniger wie ein Terrorist aussehen als Abu Faisal, der kleine, rundliche, schnurrbärtige, lustige Geselle. Nun war er in Paris, zerrissen von der Angst um seine alten Eltern, die er ganz allein in Beirut zurückgelassen hatte und die er herausholen wollte aus der Stadt, die sich

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