Im Palästinensischen Nationalrat sah es noch schlimmer aus. Es war klar, daß jeder Antrag zu weitreichenden Beschlüssen, wie sie Arafat vorschwebten, eine Spaltung der Organisation hervorrufen würde. Das wollte Arafat um jeden Preis vermeiden.

Als der Kongreß zusammentrat, stand ein Sprecher der Verweigerer nach dem anderen auf, um ausführlich gegen Israel, den Zionismus, die Vereinigten Staaten, den Imperialismus zu wettern und jeden Gedanken an Frieden und Dialog von sich zu weisen. Einige dieser Redner repräsentierten winzige Splittergruppen ohne jede Bedeutung, während die Mehrheit schwieg. Ausländische Journalisten, des Labyrinths palästinensischer Politik unkundig, bekamen den Eindruck, daß die PLO Frieden mit Israel rundum ablehnte. Sartawi tobte. Er verlangte, daß man ihn anhörte, daß man ihn vortragen ließe, was seiner Meinung nach die Auffassung der übergroßen Mehrheit des palästinensischen Volkes und der PLO war und insbesondere die Auffassung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten, deren Vertreter wieder von den israelischen Behörden daran gehindert worden waren, am Kongreß des Palästinensischen Nationalrates teilzunehmen. Arafat aber befürchtete, daß eine solche Rede Sartawis die Scharfmacher so aufbringen würde, daß es zum Bruch in der Organisation käme. Seine Einstellung war: "Laßt sie doch reden nach Herzenslust, hinterher werden wir tun, was wir tun müssen." Das aber hielt Sartawi für einen Kardinalfehler. Medienberichte über eine NeinsagerPLO würden unsere Chancen bei den nächsten Wahlen in Israel zunichte machen, ebenso jede Chance, der PLO in der öffentlichen Meinung der Vereinigten Staaten Akzeptanz zu verschaffen. Überdies würde das Palästinenserparlament, wenn es nicht von seiner Rednertribüne aus den palästinensischen Massen die Politik des Friedens und des Dialoges erklärte, nicht die notwendige breite Unterstützung erhalten, um diesen Kurs weiter zu verfolgen. Mit alledem hatte er recht.

Arafat andererseits fühlte sich für die Erhaltung der PLO als einer einheitlichen Organisation verantwortlich. Das konnte ich verstehen. Ich wußte noch, daß auch vor der Gründung des Staates Israel die Existenz unserer "nationalen Institutionen" für Zionisten von überragender Bedeutung war. Sogar die Irgun war wegen Verstoßes gegen die "nationale Disziplin" gemaßregelt worden. Für ein Volk ohne Staat und besonders für ein verstreut lebendes Volk ist das bloße Vorhandensein einer anerkannten nationalen Führung von unschätzbarem Wert.

Möglicherweise wußte Arafat, daß ein Bruch mit den von Syrien unterstützten palästinensischen Kräften unvermeidlich war, er war aber bemüht, ihn hinauszuschieben. Damals hatte er mit seinem Friedenskurs noch nichts erreicht. Die Haltung der Israelis und Amerikaner zur PLO war total ablehnend geblieben. Nicht das geringste Anzeichen sprach dafür, daß eine andere PLO, die eine eindeutige Friedenspolitik beschlösse, etwas erreichen könnte. In

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