Zwischenrufen gestört. Mir machen Zwischenrufe Spaß, bin ich noch von Knessetdebatten her daran gewöhnt, aber wenn es allzu hoch herging, trat die uniformierte britische Polizei in Aktion und entfernte ein paar Zwischenrufer zwangsweise aus dem Saal. Als Issam aufstand, um zu reden, wiederholte sich das Spektakel, diesmal aber waren es die militanten Palästinenser, die ihn niederzubrüllen versuchten.

Nach der ersten Runde, als das Publikum uns Fragen stellen durfte, wurde es noch hitziger. Die meisten Fragen waren aggressiv und provokativ, dabei piesackten die Juden mich und die Palästinenser Issam. Nie zuvor war so bildhaft demonstriert worden, was ich wiederholt in meinen Artikeln gesagt hatte: Daß die Fanatiker beider Seiten sich die Bälle Zuspielen und eigentlich zu einer Partei gehören - der Partei, die sich der Verlängerung des Krieges ins Unendliche verschrieben hat.

Zum Glück habe ich die Versammlung auf meinem kleinen Cassettenrecorder mitgeschnitten. Issams Schlußrede begann so:

"Ich möchte Ihnen verraten, meine Damen und Herren, daß ich in den letzten 72 Stunden sehr uneins mit mir war, ob ich an dieser Versammlung teilnehmen oder eine Entschuldigung schicken sollte. Schließlich entschloß ich mich, trotz des vollen Terminkalenders zu kommen. Nachdem ich gehört habe, was ich hier zu hören bekam, bin ich sehr froh, daß ich gekommen bin. Ich brauchte diese Erfahrung, ich mußte sehen, was ich wußte, und ich möchte von meinem ungeschriebenen Text abweichen und sagen, was ich gar nicht sagen wollte. Und ich hoffe, daß die Welt es sehr ernst nimmt. Wenn irgendjemand glaubt, Memmen machten Frieden, dann täuscht er sich. Friedenmacher sind harte Burschen, und, Gott helfe uns, wenn man uns herausfordert, werden wir zeigen, wie hart wir sind. Uns kann man nicht niederbrüllen. Uns kann man auch nicht Angst machen, bis wir den eingeschlagenen Pfad verlassen, weü dieser Pfad, für den wir kostbares Blut gegeben haben, der moralische Pfad ist, der patriotische Pfad. Ich fühle mich schuldig, meine Damen und Herren, ich fühle mich schuldig, weil ich ein Stück Verantwortung trage für die Tragödie des Libanon. Dieser Mann (er zeigte auf mich) bot sein Leben an, um den Libanon zu retten, er und General Peled. Er hat angeboten, zu uns nach Beirut zu pilgern. Er hat angeboten, an der Spitze einer israelischen Friedensdelegation zu kommen, und er hat ferner angeboten, zu unserem Nationalrat in Damaskus zu kommen. Einer hat von meinem Rücktritt gesprochen. Ja, ich bin nach Damaskus gegangen, um zu kämpfen, dafür zu kämpfen, daß Avnery und Peled angehört werden, eingeladen werden. Wir konnten sie nicht einladen. Der Libanon wurde überfallen, und den Palästinensern, die hier stark und mächtig sind in den Sälen Londons, denen sage ich, daß ihre Ehre in den Flüchtlingslagern des Libanon verletzt worden ist - nicht meinetwegen, euretwegen! Ihr Feiglinge! Nein, haltet den Mund! Ihr Feiglinge, ihr elenden Feiglinge! Das sind sie, die sich hier als große Helden aufspielen, das sind sie mit ihrem Mangel an Einsicht, mit ihrem Fanatismus, mit ihrer Unfähigkeit, die wirklichen palästinensischen Interessen zu erkennen, das Los ihres Volkes, das hingeschlachtet wird und keiner ist da, der etwas tun könnte... Ich glaube, ich mußte das hier erleben, ich

340