gangen war, um einen Kibbuz nicht weit von Beersheva zu gründen. Später verließ sie den Kibbuz und ging nach Äthiopien, wo ihr Mann Arbeit bei einem israelischen Unternehmen gefunden hatte. Dort nahmen sie an einem Volksfest in der Wildnis teil, und dabei wurde ihr Mann von einem äthiopischen Militärfahrzeug überfahren, dem einzigen weit und breit. Tamar brachte ihn den weiten Weg zum Krankenhaus, seinen Kopf in ihrem Schoße wiegend, während er langsam starb.

Danach entwickelte sie eine Vorliebe für den afrikanischen Kontinent. Sie ging nach Kinshasa während des Bürgerkrieges, verliebte sich in einen nigerianischen Moslem-Diplomaten, bis die Familie seiner Frau sie aus Zaire hinauswerfen ließ. Nach Nigeria durfte sie auch nicht, und so richtete sie sich in der benachbarten Elfenbeinküste ein. Dort wurde sie zur Afrika-Expertin für britische und israelische Medien, und auch als sie dann nach Paris zog, hielt sie enge Verbindung zu einigen afrikanischen Persönlichkeiten. Sie trägt immer weiß ("Ich bleibe in Trauer um Avihu, aber schwarz ist zu bedrückend. Deshalb habe ich weiß gewählt.") und benutzt nur grüne Tinte, die zu ihrem roten Haar paßt.

Alles in allem erinnert sie einen an die exzentrischen britischen Ladies, die im letzten Jahrhundert den schwarzen Kontinent zu durchstreifen pflegten. Issam reiste also in Gesellschaft dieser außergewöhnlichen Israelin, die ihn sehr gefesselt haben muß, nach Albufeira. Dort war er nicht in dem Hotel untergebracht, in dem die Konferenz stattfand, wie die meisten Delegierten, sondern in einem weit abgelegenen Hotel. Mindestens zweimal täglich mußte er allein durch verlassene Straßen fahren, ein ideales Ziel für einen Überfall aus dem Hinterhalt.

Auf der Konferenz wurde alles, was er tat, von Peres abgeblockt. Brandt und Kreisky versuchten, ihm einen Sitz als Beobachter der PLO zu geben und ihm zu gestatten, seine vorbereitete Ansprache zu verlesen, aber weil Peres darauf bestand, wurde es ihm verweigert. Schließlich wurde ein modus vivendi gefunden: Issam durfte als privater Beobachter an der Konferenz teilnehmen.

Das hielt Schimon Peres nicht davon ab, vom Rednerpult aus eine Eloge auf Issam Sartawi, den großen Menschen und Friedenshelden, zu halten. So ein Typ ist Peres eben. Er hatte auch keine Einwände dagegen, daß Issams Ansprache von Willy Brandt verlesen wurde. Posthum.

Am 10. April stand Issam in der Halle des Hotels, in dem die Konferenz stattfand, und plauderte mit einigen Delegierten. Neben ihm stand Abu Eischa, sein Assistent. Ein Mann Abu Nidals trat von hinten an ihn heran, zog einen Revolver mit Schalldämpfer und schoß ihn in den Kopf. Abu Eischa wurde an den Beinen verletzt.

Issam war sofort tot. Im Gegensatz zu dem Wunsch, den er so oft geäußert hatte, sah er seinen Mörder nicht.

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