Mit solchen Freunden brauchten die Palästinenser keine Feinde mehr.

Bei der Erörterung der Lage sagte ich Payetta, daß es meiner Ansicht nach im ureigensten Interesse Israels läge Jetzt, da es auf der Höhe seiner Macht stand, Frieden zu schließen. Darauf antwortete er: "Genau darum geht es."

Wie Imad Schakour berichtete, ruhten sich die Abu Nidal-Leute keineswegs auf ihren mörderischen Lorbeeren aus. Sie betrieben eine hemmungslose Kampagne gegen Abu Iyad, den Chef der palästinensischen Sicherheitsdienste, der eigentlich Saleh Khalaf heißt. Einem Pamphlet Abu Nidals zufolge hieß er in Wirklichkeit Itzhak Khalafa und war Jude.

Imad selbst machte sich Sorgen um seine Familie. Es ist ein simples Problem, das vielleicht besser als alles andere die Lebensbedingungen der Palästinenser illustriert: Wo sollte die Familie leben? Die Wahl eines Wohnorts und der Schule für die Kinder war eine politische Entscheidung. Abu Jihad hatte seine Familie nach Amman umgesiedelt, bevor er eine konsequent antisyrische Linie einschlug; Imad Schakour hatte seine Familie nach Kairo geschickt. Eines Morgens, als wir in der Halle unseres kleinen Hotels saßen und auf die Sicherheitsleute warteten, die uns zum Flughafen bringen sollten, fiel Imad und mir die perfekte Lösung für den Umgang mit dem Thema Zionismus ein: Wir kamen überein, die Diskussion über das Wesen und die Geschichte des Zionismus auf einen Tag nach Friedensschluß zwischen unseren beiden Völkern zu verschieben.

Wir flogen zusammen nach Rom, wo wir Mahmoud Darwisch trafen, einen hervorragenden palästinensischen Dichter, der in Israel aufgewachsen war, mehrmals verhaftet wurde und dann ausreisen durfte. Bei den Palästinensern ist Poesie etwas sehr Wichtiges. Bei einer der Sitzungen des Palästinensischen Nationalrates in Algier hatte Darwisch ein atemlos gebanntes Publikum, als er ein neues, langes Gedicht rezitierte, das er dem Palästinensischen Nationalrat gewidmet hatte. Cassettenaufnahmen dieser Lesung wurden unter den Palästinensern andächtig von Hand zu Hand weitergereicht.

Mahmoud war in Rom, um einen Literaturpreis entgegenzunehmen. Wir nahmen alle an der Zeremonie teil, wo wir auch Nimer Hammad trafen, einen der begabtesten palästinensischen Diplomaten, der damals die PLO in Rom vertrat. Nach der Veranstaltung plauderten Imad, Mahmoud und ich im Auto munter auf Hebräisch, bis sich Hammad, der am Steuer saß und nicht Hebräisch kann, zu uns umdrehte und sich beschwerte.

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Während der Veranstaltung in Turin hatte ich mit Imad die Frage der sechs israelischen Gefangenen diskutiert, die von der Fatah im Nordlibanon festgehalten wurden.

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