Dadurch hat die PLO ein besonderes Verhältnis zu der in Israel lebenden Hälfte des palästinensischen Volkes. Diese Palästinenser vertrauen der PLO, stehen loyal zu ihr und betrachten sie als ihre provisorische Regierung. Aber an den Beschlüssen der PLO können sie nur von fern und indirekt mitwirken. In der PLO artikulieren sich in erster Linie die Auffassungen und Empfindungen der Palästinenser in der Diaspora, ganz andere als die der Palästinenser in den besetzten Gebieten, die mit den Realitäten der Besatzung vertraut sind und die Israelis aus der Nähe kennen. Der Unterschied hat viele Gründe. Der neu heranwachsenden, aktiven Elite in den besetzten Gebieten steht die PLO mit gemischten Gefühlen gegenüber. Sie befürchtet, diese Elite könnte entweder in den Status von Quislingen absinken oder sich zu einer konkurrierenden Führung entwickeln und damit die Schicksalsgemeinschaft des palästinensischen Volkes sprengen. Es besteht auch die Gefahr, daß eine örtliche Führung Lösungen zustimmen könnte, die das Problem der im Land lebenden Hälfte des palästinensischen Volkes regeln, nicht aber das der anderen Hälfte in der Diaspora, die heimkehren will.

Viele Palästinenser in der West Bank und im Gaza-Streifen haben das unbewußte Gefühl, daß der PLO die Dringlichkeit ihres Problems nicht so klar ist wie ihnen, die tagtäglich die jüdischen Siedlungen wachsen sehen und die unter der tagtäglichen Unterdrückung leiden. Sie sehnen sich nach rascher, unverzüglicher Befreiung. So empfand auch Issam Sartawi, der sich kurz vor seinem Tode in den besetzten Gebieten um Unterstützung für seine Linie bemüht hat. In der PLO hingegen meinte vielleicht mancher im Stillen, was da in den besetzten Gebieten lebe und keinen Widerstand leiste, sei ein Palästinenservolk zweiter Ordnung.

Solche Vorstellungen, ob bewußt oder unbewußt, änderten sich Ende 1987. Die Innen-Palästinenser (im Sprachgebrauch der PLO) wurden aktiv. Der zentrale Schauplatz des Kampfes verlagerte sich ins Landesinnere. Hätte Sartawi das noch erlebt, er wäre zufrieden gewesen. Es wird innerhalb der PLO zwangsläufig erhebliche ideelle wie personelle Veränderungen hervorrufen.

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Was hat die PLO in den letzten Jahren getan?

Bis Anfang 1986 bestand Hoffnung, daß ihre politische Offensive Früchte tragen würde. Um sie in Schwung zu bringen, riskierten Arafat und seine Kollegen viel. Die Kontakte zu uns waren nur ein Teil ihrer Bemühungen, sich mit Israel und den Vereinigten Staaten zu verständigen, damit eine Lösung unter dem Protekorat der beiden Großmächte möglich wurde. Dazu gehörte auch das Abkommen zwischen Arafat und König Hussein über eine Konföderation Jordaniens mit einem Palästinenserstaat und eine gemeinsame

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