einer alten asiatischen Kultur und Religion hätten sich die Zionisten mit der arabisch sprechenden Bevölkerung des Landes, und überhaupt mit den erwachenden Kolonialvölkern Asiens und Afrikas, identifizieren können.

In der Praxis war das unmöglich. Denn der Zionismus wurde eben nicht in den jüdischen Vierteln von Kairo oder Damaskus geboren, sondern in den Intellektuellensalons von Wien und Berlin, in den jiddischen "Schtetl" Polens und Rußlands, weit weg von den Realitäten des asiatischen Landes Palästina. Der offizielle Gründer der zionistischen Bewegung, Theodor Herzl, in Israel heute offiziell als Prophet des Staates verehrt, war selbst noch nie in Palästina gewesen, als er 1897 den ersten zionistischen Kongreß in Basel einberief. Danach erklärte er: "In Basel habe ich den Judenstaat begründet." Genau das war bezeichnend: In Basel und nicht in Jerusalem, in Europa und nicht in Asien. Dabei handelte es sich nicht nur um eine geographische, sondern auch um eine psychologische Tatsache.

Der Zionismus war im Grunde genommen eine Bewegung zur Rettung der Juden Europas. Zwar konnte keiner der ersten Zionisten die Ungeheuerlichkeit des Holocausts vorausahnen, aber die allgemeine Misere der Juden, besonders in Osteuropa, stand ihnen buchstäblich vor Augen. Ihr Blick war auf die zu rettenden Juden gerichtet, nicht auf das Land, in das sie sie retten wollten.

Herzl selbst wollte eigentlich von Palästina nichts Rechtes wissen und zog Argentinien vor. Erst im letzten Augenblick, kurz vor dem zionistischen Kongreß, ließ er sich überzeugen, daß nur Palästina die Anziehungskraft besitze, die großen Massen von Menschen freiwillig in Bewegung zu setzen. Aber auch nach dieser Einsicht war ihm Palästina nie richtig sympathisch. Als er es endlich zum ersten Mal besuchte - nur um hier Kaiser Wilhelm zu treffen -, gefiel ihm das Klima überhaupt nicht. Er merkte privat an, daß es Europäern nicht bekomme und daß die Juden nun mal Europäer seien.

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