rikas immens steigerte, stehen die Chancen dafür besser als je zuvor. Es kann sich um eine einmalige Gelegenheit handeln, denn am Horizont zeichnen sich bereits neue Gefahren ab. Die offene Wunde der palästinensischen Tragödie, die arabische Überzeugung, daß Amerika es einem arroganten Israel ermöglicht, die arabische Welt tagtäglich zu demütigen, die Korruption der von Amerika unterstützten Wüstenscheichs - all dies wirkt wie Öl auf das Feuer des arabischen Nationalismus und des islamischen Fundamentalismus. Als Status-quo-Macht muß Amerika ein Interesse daran haben, diesen Kräften zuvorzukommen, bevor sie den Nahen Osten erneut destabilisieren. Auf weite Sicht liegt hier die bei weitem größte Gefahr für die Zukunft begründet.

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All das stimmt sicherlich, aber keine Regierung der Welt betreibt tatsächlich eine Politik "auf weite Sicht", obwohl jede gern in diesem Sinn redet. Regierungen sind, wie gewisse Tiere, von Natur aus kurzsichtig. Sie brauchen schnelle Erfolge, und normale Politiker sehen nicht weiter als bis zu ihrer Nasenspitze - zumindest dann, wenn die Nasenspitze die nächsten Wahlen berührt. Für die USA trifft das noch mehr zu als für andere Staaten. Der allmächtige Präsident, der die Außenpolitik praktisch allein bestimmt, umgibt sich mit persönlichen Freunden und ernennt Dilettanten zu Ministem. Seine Wiederwahl ist für ihn während seiner ersten vier Regierungsjahre das allerwichtigste. Seine Amtszeit ist verfassungsmäßig auf acht Jahre begrenzt, und was danach passiert, ist "not on my watch". Fachleute, besonders im Außenministerium, haben selten einen wirklichen Einfluß. Hinzu kommt, daß die pragmatisch veranlagten amerikanischen Politiker und das gesamte System der amerikanischen Administration es beinahe unmöglich machen, ein klares, integriertes Konzept "auf lange Sicht" zu entwickeln. Das ist auch in anderen demokratischen Systemen schwer, Amerikaner aber mißtrauen solchen Konzepten instinktiv.

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