Menschen befanden sich in "Hausarrest", die Gebiete wurden zu einem gigantischen Gefängnislager, in dem sich nur Soldaten und Siedler frei bewegen konnten. Zwar fielen auch dort einige Scuds, die Palästinenser jedoch hatten keine Gasmasken. Das israelische Obergericht hatte der Armee zwar angeordnet, auch in diesen Gebieten Masken zu verteilen, aber es gab ganz einfach nicht genug. Die Behörden hatten zudem Angst, daß diese Gasmasken es den palästinensischen Demonstranten ermöglichen könnten, sich gegen Tränengas zu schützen.

Für ein paar Wochen war auf diese Art und Weise die Intifada weit entfernt, und die alte Illusion, daß das PalästinaProblem eines Tages einfach von selbst verschwinden würde, tauchte wieder auf. Zwar waren Bauindustrie und Landwirtschaft lahmgelegt, aber das bemerkte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht so sehr.

Gegen Ende des Krieges bestand in Israel eine noch geringere Bereitschaft, das Nessos-Gewand abzustreifen als vorher. Wieder einmal hatte das Kriegstrauma, verquickt mit der Wut auf den bösartigen Feind und der Sympathie der Welt, eine gefährliche Mischung zustandegebracht.

Jitzchak Schamir genießt zur Zeit in Israel ein Ansehen wie kein Regierungschef seit der unseligen Golda Meir. Er wußte dies noch während des Krieges zu nutzen, als er Rechawam Se'ewi wie einen trojanischen Maulesel in sein Kabinett einziehen ließ. Se'ewi, ein ehemaliger General mit dem euphemistischen Spitznamen "Gandhi", ist ein Politiker mit einer einzigen Parole: Transfer, das heißt Volksvertreibung - die "freiwillige" Deportation aller arabischen Einwohner der besetzten Gebiete, also von beinahe zwei Millionen Männern, Frauen und Kindern, aus Palästina. Um dies zu erreichen, hat dieser tatsächliche "Anti-Gandhi" eine neue Partei gegründet, die sich "Vaterlandspartei" nennt. Bei den letzten Wahlen erhielt sie zwei Prozent der Stimmen im Land und zwei der 120 Sitze in der Knesset. (Das israelische Wahlsystem entspricht mehr oder weniger dem Wahlsystem der Weimarer Republik.) Diese extremistische Partei, von ihren Gegnern als neofaschistisch be¬

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