Die Kluft

"Stoppt die Welt, ich will aussteigen!" - so lautete ein Titel eines Schauspiels vor einigen Jahren. Genauso könnte man auch ein Kapitel in der Geschichte Israels überschreiben.

Nach Beendigung des Kalten Krieges sah es fast so aus, als ob sich beinahe die ganze Welt auf dem Weg hin zu einer Liberalisierung, zu einem Selbstbestimmungsrecht der Völker, zur friedlichen Lösung der Probleme befände. In Osteuropa brachen die Tyranneien zusammen, die Sowjetunion zog ihre Truppen aus anderen Ländern ab, sogar Südafrika schien auf dem Weg zu einem Kompromiß. Die israelischen Medien meldeten dies alles erfreut, aber so, als ob diese Entwicklungen auf einem anderen Planeten geschähen. In Israel selbst lief "Business as usual": Alles geht weiter wie bisher.

Ein paar Monate vor Ausbruch der Golfkrise zerbrach in Israel die große Koalition zwischen Arbeiterpartei und Likud, und eine rein rechtsradikale Regierung kam an die Macht. Während der Krise wurde diese Regierung durch die "Adoptierung" der extremsten Partei noch rechtsradikaler. Zwischen ihr und der rechten Wand ist kaum noch Platz für ein Blatt Papier. Angesichts dieser politischen Konstellation liegt die Frage nahe: Wo ist eigentlich die Arbeiterpartei? Wo war sie während der ganzen Golfkrise, und wo war sie seit Beginn der Intifada? Das ist eines der politischen Rätsel Israels.

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Noch vor zwanzig Jahren standen die Arbeiterpartei und die israelische Regierung praktisch für ein und dasselbe. Schon 1933 übernahm diese Partei (damals Mapai, "die Partei der Arbeiter Eretz-Jisraels", genannt) die Führung der zionistischen Organisation, also der Regierung des "Staates auf dem Weg". Seitdem blieb sie ununterbrochen an der Macht und übernahm

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