"Noch nie so gut"

Kurz nach Kriegsende erschütterte die kurdische Tragödie die Welt. Im Fernsehen sah man armselige Flüchtlingskinder in Regen und Schnee. Zeitungsmeldungen berichteten über Grausamkeiten der irakischen Armee bei der Niederschlagung der kurdischen und schiitischen Aufstände. Wer so naiv gewesen war, wirklich geglaubt zu haben, die Amerikaner hätten den Krieg aus reinem Altruismus geführt, und daß es George Bushs Lebenstraum sei, eine herrliche "neue Ordnung" in der Welt zu etablieren, für den war das eine herbe Enttäuschung. Wieder einmal hatte sich eine Großmacht wie eine Großmacht benommen. Wie ein Elefant, der einen Ameisenhaufen zertrampelt, ohne es zu bemerken.

Bush hat den Krieg angezettelt, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was eigentlich nach dem Krieg mit dem Irak passieren sollte. Wahrscheinlich hatte Bush gehofft, daß Saddam Flussein gestürzt würde und daß dann automatisch eine pro-amerikanische Regierung an die Macht käme. Aber als die Koalitionsarmee im Süd-Irak einbrach, wurde das Problem der Nachkriegsordnung plötzlich akut. Die Saudis - und auch die anderen arabischen Koalitionsgenossen - s hlugen Alarm.

Ähnlich wie der Libanon, wie Syrien und andere nahöstliche Staaten, die gegen Ende des Ersten Weltkriegs von den Kolonialmächten errichtet worden sind, ist auch der Irak ein künstliches Gebilde, das eher englischen Interessen denn nationalen oder geographischen Gegebenheiten entsprach. 60 Prozent der Einwohner des Iraks sind arabische Schiiten, 20 Prozent arabische Sunniten, 20 Prozent kurdische Sunniten. Alle Zahlen sind sehr vage, denn niemand hat bisher jemals ein Interesse besessen, ganz genau zu zählen.

Seit Karl May in seiner Gefängniszelle vom fernen wilden Kurdistan träumte, haben die Kurden ihre Freiheit nicht errungen. Die Geographie hat sie verdammt. Obwohl sie eine klar

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