Dieser Kompromiß bot den Anlaß zum achtjährigen iranisch-irakischen Krieg. Nach dem Fall des Schahs dachte Saddam Hussein, den sich im revolutionären Chaos befindenden Iran leicht überrumpeln zu können, um die ihm abgepreßten Zugeständnisse wieder rückgängig zu machen. Dieser Versuch mißlang. Als das Glücksrad sich weiterdrehte und die fanatischen Iraner in den Irak einfielen, öffneten ihnen wieder einmal aufständische Kurden im Norden die Tore. Als eine Art Vergeltung und auch, um das Tor zu schließen, bombardierte Saddam die Kurden mit Giftgas. Damit waren sowohl der Aufstand als auch der Krieg zu Ende.

Als die Amerikaner im Februar 1991 die irakische Armee zerschlugen und Präsident Bush die Irakis aufrief, Saddam zu stürzen, dachten die Kurden wie schon oft zuvor, daß nun ihre große Stunde gekommen sei. Sie erhoben sich in der Hoffnung auf amerikanische Hilfe, was sich als recht unbedacht erwies. Die Amerikaner hatten gar kein Interesse daran, den Kurden zu helfen. Ein unabhängiges irakisches Kurdistan, so die Schlußfolgerung, werde sofort die Kurden in der Türkei und im Iran "anstecken". Eine Destabilisierung beider Staaten durch die kurdische Irredenta wäre die zwangsläufige Folge. Dafür waren die Hüter der "neuen Ordnung" nicht zu haben.

Größer noch waren die Befürchtungen Bushs und seiner Berater vor allem darüber, was im Süden Iraks passieren konnte. Wie die Schiiten des Libanon sind auch die Schiiten im südlichen Irak arm und seit langem unterdrückt. Die heilige Stätte der Schia ("Schia" heißt Partei und meint besonders die Partei Alis, des Schwiegersohns des Propheten Muhammad) befinden sich im südlichen Irak, und daher ist es nur natürlich, daß die schiitische Theokratie im Iran ihre Glaubensgenossen dort unterstützt. (Auch in dieser Unterstützung sah Saddam seinerzeit einen Grund, den Iran zu überfallen.)

Am Ende des Golfkrieges war es für die "neutralen" Iraner ein leichtes, die irakischen Schiiten zum Aufstand zu bewegen, was sich für Bush als Dilemma erwies, denn er wollte Saddams Herrschaft zerschlagen, aber nicht den Irak in eine iranische

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