sehen? Das gab es gar nicht in Deutschland. Jaffa war eine ganz typisch orientalische Stadt mit völlig anderen Gerüchen und Geräuschen und einem ganz anderen Anblick. Was mir auffiel, war, daß die Läden keine Fensterläden hatten, keine Vitrinen, und alles war voller Kutschen und Pferde. Die Menschen gestikulierten auf eine Art, die wir nicht kannten. Es war alles furchtbar interessant, und ich habe mich so glücklich dabei gefühlt. Ich erwähne das immer gerne, weil es eine Beschreibung von Ben-Gurion gibt, der 17 oder 18 Jahre vorher an derselben Stelle ins Land gekommen war und alles ganz schrecklich fand. "Was für Geräusche, was für Gerüche, was für Stimmen; ist das das Land unserer Väter?" soll er gesagt haben. Diese beiden ersten Eindrücke erklären viel von dem, was später mit ihm und mir passiert ist.

Jedenfalls fuhren wir nach Haifa. Mein Vater wollte sich dort niederlassen. Ich selbst wurde mit meinem Bruder, der später im Zweiten Weltkrieg als Soldat der englischen Armee in Abessinien gefallen ist, nach Nahalal geschickt, um bei einer hebräischen Bauernfamilie zu leben, damit wir Hebräisch lernten und uns akklimatisierten. Nahalal war ein Moschav, ein kooperatives Dorf kein Kibbuz. Es ist heute ziemlich legendär, weil Dayan da herkommt. Ich habe ein halbes Jahr dort gelebt.

Wir kamen ins Land als sogenannte Kapitalisten - das war eine offizielle Definition -, das heißt, jemand, der mit 1000 englischen Pfund nach Palästina gekommen ist. Das war ein Vermögen seinerzeit; damit konnte man ein dreistöckiges Haus in der Dizengoffstraße bauen. Jemand, der 1000 Pfund besaß, brauchte keine besondere Genehmigung, um ins Land zu kommen. Aber alle, die

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