mus, ganz klar; so wurde er auch von Herzl selbst definiert. Herzl ist ja Zionist geworden, nachdem er als assimilierter Jude in Wien, als Journalist und Auslandsberichterstatter in Paris die Dreyfus-Affäre miterlebt hatte - ein für ihn traumatisches Erlebnis. In Frankreich begann die europäische Judenemanzipation. Die Französische Revolution befreite erstmals die Juden in Europa zu einer Zeit, als sie in Deutschland überhaupt noch keine Rechte hatten. Daß nun in Frankreich der Pöbel durch die Straßen zog und schrie: "Die dreckigen Juden, nieder mit den Juden!", das war für Herzl ein schreckliches Trauma. Deswegen forderte er: "Wir müssen einen eigenen Staat haben." Das war von der zeitlichen Abfolge her seine zweite Idee. Seine erste Idee war: "Wir müssen uns alle taufen lassen und uns unter den Völkern assimilieren." Nach der Dreyfus-Affäre kam er zu der Überzeugung, daß wir uns assimilieren müssen, aber nicht als einzelne, sondern als eine ganze Nation. Das heißt, wenn die Nationen Europas uns nicht haben wollen und wir nicht wirklich dazugehören, dann müssen wir uns selbst als eine Nation im europäischen Sinne statuieren und einen nationalen Staat haben, wie es in Europa damals in Mode kam. Das ist im Grunde der Ursprung des säkularen Zionismus, im Gegensatz zum religiösen Zionismus.

Um die Idee zu verwirklichen, mußte man sich einbilden, das Land Israel sei leer, und in der Vorstellung der ersten Zionisten war das auch so. Sie waren ja nie in Palästina gewesen, auch Herzl nicht, er kam erst viel später hin. Natürlich muß man das auch im Geist der Zeit sehen. Denn für einen Europäer am Ende des letzten Jahrhunderts waren Nichteuropäer, Nichtweiße eigentlich gar

124