Existenz einer Gemeinde, einer Tradition sowie damit, daß viele Praktiken des Mittelalters und der Zeit davor hier noch immer praktiziert werden - etwa die Zeremonie des Heiligen Feuers am Samstag. Derartige Rituale und Praktiken stellen jedenfalls den Faden dar, aus dem die Geschichte Jerusalems gewoben wird. Sie gehören auch zu meiner eigenen Erfahrungswelt, sowohl als Kind als auch als Erwachsene. Als ich aus den USA zurückkehrte, wollte ich diese Erfahrung wiederholen, nicht unbedingt aus Gründen des Glaubens, sondern um mich zu vergewissern, daß es das alles noch gibt, daß es zu meinem Erbe gehört und daß ich diesen Weg weitergehe.

Spüren Sie, wenn Sie im Alten Testament von den damaligen Menschen aus Shekhem beziehungsweise Nablus lesen, tatsächlich ein Gefühl der Kontinuität? Fühlen Sie sich dann als eine Nachfahrin der Tradition dieser Menschen?

Vielleicht im abstrakten, kollektiven Sinne, aber nicht persönlich. Gewissermaßen als Palästinenserin, als jemand, der einer fortlaufenden Wirklichkeit angehört. Aber ich fragmentiere nicht - das ist der springende Punkt. Das habe ich stets betont. Ebenso wie ich es abgelehnt habe, Land und Leute zu fragmentieren, habe ich mich immer geweigert, mich als Individuum aufteilen zu lassen. Ich bin nicht nur Palästinenserin, nicht nur Christin, nicht nur Frau, nicht nur aus Ramallah, nicht nur Einwohnerin Jerusalems, sondern eine Kombination aus all dem. Man hat es nicht nur mit einer einzelnen Rolle oder einer von allem anderen isolierten Komponente seiner selbst zu tun. Alle diese Faktoren wirken zusammen und machen die Gesamtperson aus. Ich finde es sehr schwierig, mich mit nur einer Komponente meiner eigenen Wirklichkeit zu befassen und so zu tun, als sei dies bereits alles unabhängig vom Rest. Allerdings war für mich die Frage der Identität stets mit den Aspekten Authentizität, Kontinuität,

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