Ich sage jetzt noch etwas ganz Persönliches: Die Luft in Jerusalem läßt mich fast ersticken an der Menge der Abstraktionen. Es fällt mir schwer, in Jerusalem zu atmen. Es gibt keinen Wind. Physisch liebe ich Jerusalem, das heißt, es erinnert mich an die Stadt, die ich liebte. Es ist wie bei einer Frau oder einem sehr guten Freund, zu dem ich eine enge Beziehung hatte - vor vielen Jahren. Und j etzt sehe ich diese Person noch manchmal, und ich sehne mich nach ihr, weil sie der früheren ähnelt. Aber es sind viele Jahre vergangen, und sie hat sich verändert. Es ist schwer für mich, den Kontakt jetzt aufrechtzuerhalten - ich möchte nur über die vergangenen Zeiten sprechen.

Das Jerusalem von heute fällt mir ebenfalls sehr schwer. Es ist nicht leicht, dort etwas zu finden, woran man Freude hat. Im Jerusalem der vierziger und fünfziger Jahre gab es Dinge, an denen ich Spaß hatte. Die ganze Welt der Hebräischen Universität zum Beispiel; sie war voller Zauber für mich auch wenn ich sie nur von außen kannte. Die Professoren, die Jeckes, die pazifistische Sentimentalität in einer sehr militanten Zeit... Ich habe mich dieser Welt zwar nie angeschlossen, freute mich aber, daß es sie gab. Ich sagte damals, daß diese Menschen auf dem Mond lebten, im Weimar vor Hitler. Aber es war gut, daß es sie gab. Auch die Art und Weise, wie in Jerusalem damals die israelische Administration entstand, mit Improvisation und Dilettantismus, beeindruckte mich. An all dies erinnere ich mich als etwas, das mich interessierte und mit dem ich mich verbunden fühlte. Heute ist das jedoch weit weg von mir, und selbst die Begeisterung, daß hier noch eine Straße, dort noch ein Baum zu finden ist, ist geschwunden.

Auch physisch ist Jerusalem heute nicht mehr schön.

Dieser ganze Kampf zeichnet sowohl das Gesicht der Araber als auch das der Juden. Es ist ein Übergang von Erotik zu

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