richten und nicht in Uganda, wohl bedeutungsvoller als die Frage, ob die israelische Hauptstadt in Jerusalem, Tel Aviv oder sonstwo sein sollte. Die Wahl Jerusalems spiegelte aber nichtsdestotrotz die Verbindung des religiösen Mythos mit der zionistischen Ideologie nationaler Emanzipation wider.

Ich ziehe eine eindeutige Trennungslinie zwischen der Motivation des Zionismus und der Rechtfertigung durch ein unumstößliches Gesetz. Diese Linie habe ich im Alter von 17 Jahren aus einer Verbitterung heraus gezogen, und in dieser Angelegenheit habe ich meine Meinung nicht geändert. Die Motivation des Zionismus war ganz sicher national, religiös und auch romantisch in dem Sinne, daß er den nostalgischen Wunsch nach einer Rückkehr zur Vergangenheit und deren Verherrlichung aufgriff. Das hat seine Berechtigung als Motiv und als Antriebskraft, aber nicht als ehernes Gesetz.

Bezüglich der Frage, ob Uganda oder Palästina, kamen zwei Dinge zusammen. Zum einen gab es den meiner Meinung nach richtigen Standpunkt der Zionisten, die für Palästina plädierten. Diese gingen davon aus, daß man das jüdische Volk aufgrund der gefühlsmäßigen und religiösen Komponente verliert, wenn man sich für Uganda entscheiden würde. Zum anderen glaubten sie, daß Palästina das einzige Land war, in dem sie ihre Anwesenheit rechtfertigen könnten. Sie dachten nämlich, daß es dort Platz gäbe und sie in ein unbewohntes Gebiet kämen. Arthur Ruppin war es dann, der die demographische Karte des Landes bis zum heutigen Tage festlegte. Denn er hatte genug Geld, um zu entscheiden, wo Land gekauft und eine Siedlung gegründet werden sollte. Fast das ganze Geld, das aus Europa kam, war in seinen Händen. Ruppin entwickelte Anfang des Jahrhunderts ein Konzept, nach welchem die Juden in den unbewohnten Gebieten siedeln sollten. Das Konzept war offen für alle möglichen politischen Organisationsformen: Kantone wie in der Schweiz oder auch

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