hartnäckiges Identitätsbewußtsein. Wir, die Palästinenser, kennen einander. In dieser Stadt gibt es so viele Touristen und so viele, die sich hier nur vorübergehend aufhalten, daß die Ortsansässigen im Kern ein gewisses Identitätsbewußtsein miteinander gemeinsam haben. Ich habe mir darüber aus geographischer Sicht noch keine Gedanken gemacht. Wenn man etwas gefühlsmäßig betrachtet, braucht man diesem Gefühl häufig keine exakte Grenzlinie zu ziehen. Gefühle fließen einfach - man kann sie nicht eingrenzen.

Gehört Shufat für Sie zu Jerusalem?

Ja, natürlich. Für mich gehört es dazu, obwohl es, glaube ich, nicht Teil des jordanischen Jerusalems war. Natürlich sind solche Betrachtungen subjektiv. Als ich noch in die Schule ging, wohnten beispielsweise sehr viele meiner Klassenkameraden in Shufat. Ich weiß noch genau, daß wir, als ich heranwuchs - in der Zeit vor 1967 -, an mindestens drei Tagen in der Woche mit dem Bus zu unseren Freunden fuhren. Wir trafen uns zu sechst oder zu siebt in Shufat, aßen Falaffel und gingen abends immer zu Fuß in die Stadt zurück. Das Ganze ist also sehr subjektiv. Außerdem ging ich in Shufat zur Schule. Daher gehören sowohl Shufat als auch Beit Hanina in meiner Erinnerung definitiv zu Jerusalem. So ist es. Dies sind alles sehr schwierige Fragen, denn im Gefühlsbereich kann man, wie bereits gesagt, nicht von streng mathematischen Definitionen ausgehen.

Sie sagten, daß Jerusalem Ihnen während der jordanischen Periode sehr provinziell vorkam. Lag das daran, daß die Jordanier naturgemäß Aman als ihre Hauptstadt ansahen?

Ich weiß es nicht. Wenn ich provinziell sage, dann meine ich eine Stadt, in der sich alles sehr langsam bewegt. Hinsichtlich

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