die islamischen Heiligtümer wie durch ein Wunder verschwinden werden. Diese Leute wollen das Kommen des Messias beschleunigen, indem sie den Felsendom zerstören. Das ist eine praktische Gefahr, theologisch und politisch. Übrigens gibt es eine ironisch anmutende Diskussion innerhalb der jüdischen Religion zwischen Orthodoxen und Zionisten, ob der Sozialismus das Kommen des Messias beschleunigt oder verhindert, weil er quasi die Aufgaben des Messias vorwegnimmt.

Diese Diskussion gab es eigentlich schon unter den Schiiten im 16. Jahrhundert. Die Schiiten hatten im Iran eine Stadt gebaut und die Herrschaft übernommen. Bei ihnen ist es ähnlich wie im orthodoxen Judentum. Sie lehnen jegliche weltliche Herrschaft ab, bevor der Mahdi, der Erlöser, zurückkommt; er muß diese Stadt der Schiiten wiederaufbauen. Dann hat man ein religiöses Urteil gefällt und beschlossen, solange im Namen des Mahdi zu herrschen, bis er zurückkommt.

Hat der Mahdi in der schiitischen Strömung des Islam eine ähnliche Bedeutung wie der Messias?

Ja. Die Mahdi-Idee besagt, daß der Mahdi der zwölfte Imam ist. Er ist nicht gestorben, sondern verschwunden; er lebt im Verborgenen und wird irgendwann zurückkommen, Frieden hersteilen und gerecht über die Erde herrschen. Das ist die messianische Idee.

Es gibt an der Bar-Ilan-Universität, aus der der Mörder von Yitzhak Rabin kommt, eine Initiative von jüdisch-religiösen Kreisen, deren Mitglieder sich schon einige Male mit moslemischen Gelehrten getroffen haben, um zu versuchen, die Ähnlichkeiten zwischen Judentum und Islam aufzuzeigen. Ich glaube, liberale Juden und liberale Moslems werden wahrscheinlich mehr Probleme miteinander haben als extreme

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