Achtzig Thesen, die die Ursachen und die Entwicklung des Konflikts erklären, Mythen beider Seiten analysieren, Lösungsansätze vorschlagen und Visionen für einen wirklichen Frieden präsentieren. Uri Avnery tritt in diesem Kontext ein für die gegenseitige Anerkennung der Geschichte des anderen Volkes - des jüdischen Holocaust wie der Nakba, der Katastrophe des palästinensischen Volkes - und der daraus erwachsenen Traumata.

Uri Avnery schreibt nicht nur interessante, zuweilen provozierende Artikel, in denen er sich um die Wahrheit bemüht, er ist auch ein Mann der Tat, der stets von seiner Frau Rachel unterstützt wird. Ich denke nur an die 45 Tage und Nächte im Winter 1991, die er gemeinsam mit israelischen Arabern im Zelt vor Rabins Amtssitz verbracht hat, um gegen die Deportation von 400 Hamasanhängern in den Südlibanon zu protestieren. Er protestierte im Zelt auch gegen den Bau der Siedlung Har Homa auf dem Jabal Abu Gneim bei Bethlehem. Er hilft mit bei der Olivenernte, wenn Dorfbewohner von Siedlern bedroht werden; bei Protesten gegen Landenteignungen wurde er mit Tränengas angegriffen; er demonstrierte in Masha mit gegen die Trennmauer (von den Palästinensern Apartheidmauer genannt); er brachte mit Gush Shalom Lebensmittel in abgeschnittene Dörfer und half mit beim Wiederaufbau von Häusern - nichts ist ihm, dem Achtzigjährigen, zu unbedeutend. Er packt mit an und initiierte 2003 gemeinsam mit palästinensischen Verantwortliehen und Intellektuellen auch einen neuen Friedensplan.

Ich kenne Uri Avnery seit vielen Jahren. Ich hatte unzählige Begegnungen mit ihm: bei Radio- und Fernsehinterviews, auf Kundgebungen und bei Protestaktionen, Podiumsdiskussionen und verschiedenen Veranstaltungen in Jerusalem und in Deutschland. Ich kenne seine Bücher und seine Artikel, suche sie, ja warte auf sie. Ich werde durch sie inspiriert; denn dort finde ich Klarheit, Überzeugung und Erklärungen. Ich finde in ihnen Prinzipientreue und aufrichtige Achtung vor den Gefühlen und Empfindungen der anderen, der palästinensischen Seite. Ich erkenne durch seine Artikel die Realität besser; ich lerne, Dinge zu analysieren und die historischen Zusammenhänge zu erken¬

11