blutigen Folgen eines solchen Besuchs waren leicht vorherzusehen. Stattdessen beging er zwei Sünden: Er gab dem Besuch seinen Segen, obwohl ihm voll bewusst war, welche Folgen er nach sich ziehen würde - und danach leugnete er jede Verbindung zwischen dem Besuch und seinen Folgen ab. Warum? Wie bei den meisten Handlungen und Unterlassungen Baraks während des letzten Jahres war Angst sein Motiv. Es ist traurig, sagen zu müssen, dass es dem Helden des Schlachtfelds an Zivilcourage und erst recht an politischer Courage fehlt. Er fürchtete, dass man ihm, hätte er den Besuch verboten, den Vorwurf gemacht hätte, den Muslimen nachgegeben zu haben. Aus Furcht vor der Anklage, vor den Arabern kapituliert zu haben, kapitulierte er gegenüber dem Likud.

Und wo war während all dieser Geschehnisse der Polizeiminister, beziehungsweise, mit seinem hochtönenden offiziellen Titel, der "Minister für Innere Sicherheit"? Wo war Shlomo BenAmi, er, der so viele Hoffnungen geweckt hatte, der Mann der politischen und menschlichen Vision, der Mann von hohem Intellekt und sozialem Gewissen, der dabei war, das Gesicht der Polizei zu verändern, der ihren rassistischen Charakter ausmerzen und sie in eine menschenfreundliche Macht umwandeln wollte?

Ben-Ami war an der Entscheidung beteiligt, Sharon zu diesem Zeitpunkt auf den Tempelplatz zu lassen. Er konzentrierte immense Polizeikräfte - etwa 1000 bis 2000 Beamte -, um die Bande von Provokateuren zu verteidigen. Auf diese Weise vergrößerte er im Voraus die Dimensionen eines unvermeidlichen Ausbruchs.

Wie Barak beging auch Ben-Ami eine doppelte Sünde. Als Ministerpräsident kam Barak dem Verteidigungsminister Barak zu Hilfe, der Außenminister Ben-Ami sprang für den Polizeiminister Ben-Ami in die Bresche. Um der Polizei zu erlauben, sich auf dem Tempelberg auszutoben, hätte es keines brillanten Intellektuellen bedurft, dies hätte jeder primitive Raufbold als Polizeiminister auch tun können. Ben-Ami jedoch brachte nun seine speziellen Begabungen zum Einsatz: Er rechtfertigte die

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