Außengrenze mit Jordanien oder Ägypten zu haben. Sharon hat seit Jahrzehnten an der Umsetzung dieses Plans gearbeitet, Dutzende von Siedlungen gemäß seiner Landkarte errichtet.

Die Mauer wird diesem Zweck dienen. Sie hat nichts mit Sicherheit zu tun. Sie wird gewiss keinen Frieden bringen, sondem zu nur noch mehr Hass und Blutvergießen führen. Die bloße Idee, dass ein Hindernis aus Zement oder Stacheldraht den Hass beenden könnte, ist lächerlich.

Die Arbeit der Bulldozer geht weiter - vom frühen Morgen bis in den späten Abend. Sharon redet über den so genannten Fahrplan zum Frieden (Roadmap for Peace) und schafft unterdessen auf dem Boden vollendete Tatsachen.

Aber diese Mauer hat noch eine tiefere Bedeutung. Es ist kein Zufall, dass sie in Israel so ungeheuer populär ist, von Ariel Sharon bis Amram Mitzna und Yossi Beilin: Sie verspricht nämlich, ein tiefes, inneres Bedürfnis zu befriedigen.

In seinem Buch Der Judenstaat, dem Gründungsdokument des Zionismus, schrieb Theodor Herzl 1896 folgende Sätze: "Für Europa würden wir dort (in Palästina) ein Stück des Walles gegen Asien bilden. Wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen." Die Vorstellung, dass wir der Vorposten Europas sind und einen hohen Wall zwischen uns und asiatischer Barbarei - das heißt den Arabern - benötigen, ist so bereits Bestandteil der ursprünglichen Vision. Vielleicht hat sie sogar noch ältere Wurzeln. Als die Juden begannen, in Ghettos zu wohnen - bevor sie von außen dazu gezwungen wurden -, umgaben sie sich mit einer Mauer, um sich von der feindlichen Umwelt abzuschotten. Mauer und Trennung - als Garantie für Sicherheit - sind tief in das jüdische kollektive Unterbewusstsein eingeprägt.

Aber wir als neue hebräische Gesellschaft in diesem Land wollen nicht in einem neuen jüdischen Ghetto leben. Wir suchen nicht Trennung, sondern das Gegenteil: Offenheit gegenüber der Region; nicht "eine Villa im Dschungel" wie Ehud Barak es nannte, nicht einen europäischen Vorposten gegen asiatische Barbarei, wie Herzl es gesehen hat, sondern eine offene Gesell-

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