sei, die neue Regierungsbehörde mit zu kontrollieren. Dasselbe beanspruchte auch die junge Generation von Kämpfern, die während der Intifada herangewachsen war - in Gefängnissen und im Untergrund. Und gefordert wurde es zudem auch von den Tausenden von ausgebildeten Fachkräften, die an den Universitäten überall auf der Welt studiert hatten. Einer von ihnen sagte mir: "Okay, zeichnet all die Kämpfer mit Medaillen aus! Der Staat aber muss von Leuten regiert werden, die dafür ausgebildet sind." Arafat musste den Kuchen unter ihnen aufteilen sowie auch unter Angehörigen der christlichen Minderheit, unter Frauen und Vertretern der verschiedenen Regionen und - besonders wichtig - unter den Vertretern großer Clans, die die palästinensische Gesellschaft seit Jahrhunderten beherrschen und ohne die man nicht regieren kann. Alles zusammen genommen, eine fast unmögliche Aufgabe.

Man kann nicht sagen, dass die Errichtung der Palästinensisehen Nationalbehörde ein ausgesprochener Erfolg war. Aber in Anbetracht des damit verbundenen Drucks hat Arafat keine so schlechte Arbeit geleistet. Einer der Schwachpunkte war, dass die neue Verwaltung zentralisiert wurde. Während des jahrzehntelangen Kampfes war Arafat daran gewöhnt, alleine und schnell zu entscheiden. Seine Mitarbeiter ließen ihn allzu willig die historischen Entscheidungen, die Mut und persönliches Risiko verlangten, selbst übernehmen. Die meisten seiner engsten Kampfgefährten waren in den zurückliegenden Jahren getötet worden, einige von Israel, einige von dem irakischen Agenten Abu Nidal und anderen. Wie alle politischen Führer, die lange Zeit im Zentrum innerer .Machtkämpfe und der Verantwortung standen, ist Arafat einsam und misstrauisch geworden.

Einige palästinensische Persönlichkeiten glaubten, dass mit der Einrichtung der Nationalbehörde der Kampf zu einem Ende gekommen sei. Sie begannen damit, ihren eigenen persönlichen Interessen nachzugehen, einige wurden korrupt, indem sie sich den Normen der Nachbarländer (und nicht nur dieser) anglichen. So machte sich in der palästinensischen Öffentlichkeit allmählich Unmut breit. Israelische Linke begannen, die "korrupte

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