politische Gruppe eher unbedeutend: "Als Frontsoldaten hatten wir eine gewisse Verachtung für Leute, die in Tel Aviv oder in Jerusalem Reden hielten, und darum war die Staatsgründung für uns eine Sache, die wir mit einem Achselzucken abtaten. Aber für andere mag sie die Einlösung von Herzls Worten gewesen sein, die er nach dem ersten Zionistischen Kongress in Basel geschrieben hat", betont Avnery (in: Koppel 2000, S. 146). Diese gegensätzlichen Erfahrungen und politischen Zugänge bildeten den Ausgangspunkt für bis heute anhaltende Differenzen zwisehen Avnery und großen Teilen der israelischen Öffentlichkeit.

Zur gleichen Zeit, nach dem Krieg 1948, arbeitete er kurzzeitig mit Martin Buber zusammen. Buber hatte sich seinerzeit bekanntlich ebenfalls für eine Verständigung mit den Arabern eingesetzt. Bubers Persönlichkeit beeindruckte ihn:

"Ich kannte ihn sehr gut, Buber. Er hatte eine ungeheure AusStrahlung. Mein erster Eindruck von Buber war: Flier ist ein großer Mann. Von Gestalt war er ziemlich klein, und er hatte ein Prophetengesicht und auch eine impressive Art, sich auszudrücken. Manchmal hatte man das Gefühl, dass seine Art zu formulieren genauso wichtig war wie der Inhalt seiner Worte. Er konnte aber in Israel nie Fuß fassen." (Avnery 1998, S. 29)

Noch vor Kriegsende sowie während seiner Genesungszeit im Krankenhaus verfasste Avnery weitere Artikel, die in einer Schrift unter dem Titel Pax semitica veröffentlicht wurden. Darin plädiene er für eine Beendigung des Kriegs und für eine wirkliche Verständigung mit den Arabern. Gustav Schocken, aus Chemnitz nach Israel emigrierter legendärer Verleger und Chefredakteur der auflagenstarken TageszeitungHaaretz, interessierte sich für den Autor und bot ihm an, regelmäßig Leitartikel für Haaretz zu schreiben - eine hohe Auszeichnung für einen 25-jährigen, der keine professionelle journalistische Ausbildung durchlaufen hatte. Dennoch gab Avnery diese verlockende Tätigkeit bereits nach einem Jahr freiwillig auf, da er nicht zu den von ihm erwarteten inhaltlichen Konzessionen beim Schreiben bereit war.

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