Wir umgingen dabei immer die Zensur. Wir haben alles aufgedeckt, was wir enthüllen wollten, durch alle möglichen Methoden. Wir erfanden damals Methoden, die heute schon beinahe legendär sind." (Avnery 1995, S. 136)

Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen um Avnerys Blatt, welche zum Teil militant ausgetragen wurden: Es überlebte drei Bombenanschläge auf die Redaktion und die Druckerei, zahlreiche erfolgreich niedergeschlagene Verfahren auf Strafverfolgung, zwei Mordanschläge. 1953 überfiel ein Unbekannter Avnery und brach ihm beide Hände und alle Finger. Doch selbst dieser traumatische Schicksalsschlag fand für Avnery eine positive Wendung: Rachel, die mit ihren Eltern im Alter von einem Jahr aus Deutschland nach Palästina geflohen war und immer noch Deutsch spricht,6 pflegte ihn - und wurde seine Ehefrau: "Wir haben fünf Jahre in Sünde gelebt und dann geheiratet. Ich glaube, wir sind so ziemlich das einzige mir bekannte israelisehe Ehepaar, das nicht geschieden ist." (Avnery 1995, S. 132) Der Geheimdienstchef Ben-Gurions schrieb später einmal in einem Buch, dass Avnery seinerzeit für den Geheimdienst als Staatsfeind Nummer eins galt.

Mitglied der Knesset (1965-1981)

1965 versuchte der damalige Ministerpräsident Levi Eshkol, Haolam Hazeh in recht offenkundiger Weise mittels eines gegen dieses Magazin gerichteten Pressegesetzes zu ruinieren. Als Reaktion hierauf unternahm der seinerzeit 42-jährige Avnery zusammen mit einigen Kollegen einen außergewöhnlichen Versuch: Er gründete eine Partei, die den Namen dieser Zeitschrift trug und deren Parole lautete: "Freiheit für Haolam Hazeh". Dies war für Israel, wo es keine Fünf-Prozent-Hürde im Parlament gibt, ein höchst ungewöhnliches Ereignis, war es doch - wenn man von vereinzelten Parteiabspaltungen und Namensumbenennungen absieht - die erste Neugründung einer politischen Partei

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