"Nach ein paar Jahren erklärte Golda Meir als Ministerpräsidentin, sie sei bereit, auf die Barrikaden zu steigen, um Uri Avnery aus dem Parlament herauszubekommen. Gerade mit Golda hatte ich viele interessante Zwischenfälle gehabt. Wir konnten uns nicht ausstehen. Ich hielt in den sechziger Jahren einmal eine Rede über Haschisch und sagte, es sei Unsinn, Haschisch zu verbieten. Und mitten in meiner Rede habe ich mich selbst unterbrochen: 'Ich möchte der Abgeordneten Frau Meir antworten.' Der Vorsitzende: 'Aber Frau Meir hat überhaupt nichts gesagte Darauf ich: 'Ich antworte nicht auf ihre Zwischenrufe, sondern auf ihre Zwischengrimassen.' Solche Dinge gab es immerzu. Ich muss sagen, ich habe mich in den ersten Jahren im Parlament sehr amüsiert, als alles noch interessant war." (Avnery 1995, S. 138)

Innerhalb sowie außerhalb des Parlaments versuchte Avnery häufig, auf seine eigenen Erfahrungen in der Irgun Bezug nehmend, seinen Parlamentskollegen und der israelischen Offentlichkeit die moralische und historisch-politische Vergleichbarkeit zwischen ihrer eigenen Befreiungsbewegung - oder wir mögen auch sagen: den Terrorakten der Irgun in den dreißiger und vierziger Jahren gegen Engländer sowie Araber - und der heutigen Aufstandsbewegung der Palästinenser gegen Israel zu verdeutliehen. Diese Bemühungen blieben jedoch weitestgehend erfolglos. Hauptgrund hierfür sei die kollektive Verdrängung der fürchterlichen wechselseitigen Gewalttaten, die sich Israelis und Araber in einer Eskalationsstufe wechselseitiger Vergeltungen ab den zwanziger Jahren zugefügt haben, vermutet Avnery. Er führt beispielhaft hierfür eine parlamentarische Kontroverse mit Menachem Begin an. Wenn sie beide auch nicht zeitgleich in der Irgun waren (Begin stieß erst zur Irgun, als Avnery bereits ausgetreten war, und wurde dann ihr Führer), so wusste Begin doch von Avnerys seinerzeitiger Untergrundarbeit. In Israel ohne ,Zionisten schreibt Avnery:

"Israelis meiner Generation, die im Untergrund waren, sind meistens außerstande zu verstehen, was heute Araber in den Unter¬

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