Ich glaube, wir mochten uns. Wir waren Feinde. Es war eine gefährliche Begegnung. Wir hatten beide ein Risiko auf uns genommen. Er kannte meinen Namen und wusste, wofür ich eintrat. Aber er konnte nicht sicher sein, dass die ganze Sache nicht eine Falle des Mossad war." (Avnery 1988, S. 58)

In dem abschließenden Kapitel "Gefangene ihrer Geschichte" blickt Uri Avnery auf diese langen Gespräche zurück, die mit dem Tod seiner beiden Freunde endeten, die doch zugleich seine Feinde waren - Freunde, deren Tapferkeit und Entschlossenheit für ihn ein Vorbild waren. Mit ihren Gesprächen hatten sie Neuland betreten, mit vielfältigen Tabus belegte Grenzen überschritten und sich in die gefährliche Position von Außenseitern begeben, die von der kollektiven Ausstoßung bedroht sind. Avnery resümiert:

"An dieser Stelle beende ich meine Geschichte. Nicht weil sie zu Ende wäre. Im Gegenteil. [...] Ich habe mich bemüht, diese Geschichte so wahrheitsgemäß zu erzählen, wie ich konnte. Vielleicht ist es eine traurige Geschichte, vielleicht macht sie auch Mut. Wir haben eine Unmenge Niederlagen und Rückschläge erlitten. Aber wir sind auch auf menschliche Beharrlichkeit gestoßen, auf Hingabe an ein Ideal, auf Mut im Angesicht des Gegners. Menschen haben ihr Leben hingegeben, viele waren jahrelang alltäglich in Gefahr. Nicht für den Kampf. Für den Frieden. [...] Ist überhaupt etwas erreicht worden? [...] Für mich ist die Antwort selbstverständlich. Diese lange Mühe, dieses Abenteuer für den Frieden ist von historischer Bedeutung." (Avnery 1988, S. 404)

Avnery zeichnet in Mein Freund, der Feind auch die Entwicklung der PLO nach. Sie habe eine immense Entwicklung hin zu einer Verständigung gemacht, habe das Existenzrecht Israels anerkannt. Der Dialog sei grundsätzlich möglich - trotz langer Phasen der Irritation, trotz aller Rückschläge. Mit ungebrochenem Optimismus hebt er die Bedeutung des Dialogs hervor:

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