ich habe auch eins. Uri war lange in der Politik, ich nur sehr kurz. Beide waren wir gegen die herrschende Meinung. Er war gegen Ben-Gurion, der ein großer Mann gewesen ist, ich gegen Adenauer. Auch haben wir beide mit unseren Zeitschriften und in der Öffentlichkeit ähnliche Rollen gespielt; gegen ihn gab es Anschläge und Klagen, wir hatten die Spiegel-Affäre.

Es war sehr komisch. Ich habe ihn immer von ferne wahrgenommen, aber nicht mit dem Helmut Ostermann in Verbindung gebracht, mit dem ich zur Schule ging. Unser Israelkorrespondent fragte mich dann in den sechziger Jahren, ob ich mit einem jüdischen Jungen namens Helmut auf das Kaiserin-AugusteVictoria-Gymnasium in Hannover gegangen sei, der heute auch eine Zeitschrift macht und sich eben Uri Avnery nennt. Da war die Sache klar. Ich habe ihn dann am Tag der Geburt meiner Tochter Franziska eingeladen, und wir haben uns gut verstanden.

Der Spiegel und seine Leser haben Uri Avnery etliche kluge Artikel zu verdanken, und Bundeskanzler Schmidt schickte ich während dessen Amtszeit zwei von Avnery verfasste Porträts über israelische Politiker mit der Bemerkung, dergleichen würde er von seinen Diplomaten nicht erfahren. Schmidt quittierte dankend.

Der Name, den sich mein Freund aus Kindertagen in Israel nach seiner Flucht aus Deutschland zulegte, stammt aus der Bibei: "Uri" bedeutet Flamme, "Avner" hieß der Feldherr des König David. Was immer er sich dabei gedacht haben mag, als er sich so beziehungsreich benannte, seine Kämpfe hat Avnery nicht nur durchgestanden, sondern, soweit dies möglich war, sogar gewonnen.

Rudolf Augstein

Als einer der ersten israelischen Publizisten hat Uri Avnery sich für eine friedliche Koexistenz eines israelischen und eines palästinensischen Staates im Nahen Osten ausgesprochen. Diese Idee hat er trotz aller Spannungen in der Region und trotz aller Kritik an seinem friedenspolitischen Einsatz immer konsequent

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