Das ist eine ausgesprochene Frontwunde. Das kommt davon,

wenn man zwei Wochen lang dreimal am Tag Ölsardinen zu essen bekommt. Drei abwechslungsreiche Mahlzeiten täglich: Morgens Sauerkraut mit Olsardinen, mittags Olsardinen und Sauerkraut und abends gibt es dann sowohl Sauerkraut als auch Olsardinen. Alle leiden an Vitaminmangel. Einige haben Sodbrennen, was die Wachen nachts zur Hölle macht. Auch Durchfall ist eine Frontkrankheit. Mein Furunkel ist der Höhepunkt der Kriegsromantik. Wenn ich morgen nicht zum Sanitäter komme, wird sich das Geschwör über meinen ganzen Körper ausbreiten.

Hinter dem benachbarten Felsen liegt Faruk. Er ist in Damaskus geboren und verdankt seinen Namen dem Umstand, dass er

ein dickliches, arabisch aussehendes Gesicht hat. Er sieht wie ein Zuhälter aus, und das war in Damaskus tatsächlich sein Beruf. Er übergeht diese Phase gern. Stattdessen erzählt er lieber und ausfuhrlich über andere Aktivitäten. Wie er während des Zweiten Weltkriegs britische Offiziere ausgenommen und ihnen wertlose Gegenstände für horrende Preise verkauft hat. Er erzählt diese Geschichten immer wieder und versucht damit zu beweisen, dass er den "weißen" Kameraden der Kompanie in nichts nachsteht. Ich höre nur mit halbem Ohr zu. Aber etwas anderes habe ich eh nicht zu tun. Hier kann man die wundersamsten Geschichten von Leuten hören, die man unter anderen Umständen nie treffen würde. Welten trennen mich und Faruk voneinander. Aber hier, hinter den Felsen liegend, schrumpfen diese Unterschiede ins Belanglose.

Die Stunden vergehen. Mir fällt ein, dass ich einige Fotos in der Tasche habe. Ich hole sie raus und sehe sie mir an. Mädchen, die ich beim letzten Urlaub aufgenommen habe. Es waren nichtssagende Bekanntschaften. Aber hier wirken sie besonders hübsch und ich verliebe mich in alle gleichzeitig. Auf dem warmen Boden liegend, überkommt mich eine unbegreifliche Lust.

"Zeig her!", verlangt Faruk. Er betrachtet die Bilder und pfeift leise, spitzt seine Lippen. "Mann o Mann.Was für eine Nummer!", stöhnt er, was wohl ein Kompliment sein soll.

Langsam wird die Stellung zu einem Bildermarkt. Die Mäd-

chen werden von Hand zu Hand gereicht. "Oh, die ist gut", stöhnt Jamus. "Die?", antwortet Kabab herablassend. "Die würde ich nicht einmal mit einer Mistgabel berühren." Jamus gibt nicht auf: "Mit

272