Doktor Kami kommt angerannt. Er trägt einen gestreiften Pyjama unter einem blauen Kittel. In den Händen hält er den Schlauch und eine Schüssel. Rachel bringt ein Glas Wasser.

"Du willst den Schlauch?"

"Ja."

"In meiner medizinischen Karriere bist du der erste Patient, der darum bittet, dass man ihm einen Schlauch durch die Nase einfuhrt", amüsiert er sich. Sein Spott ändert meine Meinung nicht. Lieber einen Moment Angst als viele Stunden Schmerzen. "Normalerweise müssen wir die Patienten festhalten und ihnen den Schlauch mit Gewalt einführen", berichtet Rachel.

Doktor Kami ist klein und wirkt nervös. Er ist der einzige Arzt, dessen Worten ich vertraue. Er sagt den Patienten und ihren Angehörigen die Wahrheit. Wie meine Schwester mir verriet, hat er meinen Eltern gesagt, dass ich in Lebensgefahr sei, bis meine Därme wieder anfingen zu arbeiten. Ich hasse die Ärzte, die dem Padenten immer erzählen, ihr Zustand habe sich verbessert, und ihn in ständiger Ungewissheit lassen.

Er schiebt den Schlauch in meine Nase. Das ist der Moment,

vor dem ich Angst habe. Ich habe das Gefühl zu ersticken. Ich wälze mich hin und her, sperre den Mund auf und mache Geräusehe wie jemand, der am Galgen hängt.

"Trink!", befiehlt Rachel und reicht mir das Glas.

Ich schlucke etwas Wasser und spüre, wie der kalte Schlauch in meinen Magen gleitet. Schon fühle ich mich besser.

Doktor Kami schließt den Schlauch an eine Anlage aus mehreren Gefäßen an. Es ist eine komplizierte Pumpe, die meinen Magen automatisch leert. Ein Teil produziert den nötigen Unterdruck und das andere pumpt die Säfte aus dem Magen. Ich sehe, wie die grünliche Flüssigkeit hochsteigt und sich mit dem klaren Wasser vermischt.

"Besser?", fragt der Arzt.

"Ja. Danke."

Wenige bedanken sich bei dem Arzt oder der Schwester. Sie

müssen ihnen wehtun und die Patienten nehmen es ihnen übel. Selbst wenn sie wissen, dass es zu ihrem Besten ist. "Jetzt siehst du aus wie ein Elefant", sagt Rachel. "Ein richtig süßer Rüssel."

"Moment, Doktor", bitte ich, als der schon gehen will. "Wann, meinst du, werde ich wieder essen können?"

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