ken! Und alle werden sagen, dass du blöd warst. Und Vater wird einen hübschen Brief bekommen, wie er schon einen hat!"

Meine Schwester kommt richtig in Fahrt. "Selbst wenn du lebend da raus kommst. Was hast du davon? Inzwischen werden all die Drückeberger die wichtigsten Posten besetzen. Sie werden auf euch pfeifen und euch rumkommandieren. Nach dem Weltkrieg

sind die Drückeberger berühmt geworden und aus den Frontsoldaten wurden Sozialfälle. Meinst du, bei uns wird das anders? Zwei Jahre nach dem Krieg wird sich keiner mehr dafür interessieren, ob du in Ibdis gekämpft oder im Romano-Haus gesessen hast."

Ich weiß, dass sie Recht hat. Vielleicht sind wir an der Front wirklich alle dumm, während die Schlauberger sich den Staat so bauen, wie sie ihn brauchen? Das tun die Dummen immer: Sie

bilden eine lebende Stufenleiter, auf der die anderen zum Ruhm klettern. Danach werden den Schlauen Denkmäler gesetzt und die Dummen werden vergessen.

Ich gebe vor, mich ein wenig ausruhen zu wollen,schicke alle aus dem Zimmer und schließe mich ein.

In meinem Zimmer herrscht Chaos. Der Schreibtisch ist voll

mit allem möglichen Zeug, das ich aus früheren "Urlauben" mitbrachte - kleine Beutestücke,Tagesbefehle,Tagebuchblätter, Briefe von Freunden und Fotos, die ich aus arabischen Häusern mitgehen ließ. Das ist eine meiner Verrücktheiten. Ich sammle Bilder von Fellachen, vor allem aber von Frauen und Kindern. Ich will mich später daran erinnern, wer unsere "Feinde" waren.

Die Bücher sind verstaubt. Ich betrachte sie ohne Zuneigung. Während des Krieges habe ich mehr gelernt als aus all diesen Büehern. Die Bücher über "Kriegskunst" ärgern mich besonders. Schreiberlinge, die nie erfahren haben, wie Krieg wirklich ist. Sonst hätten sie keine so schlauen Bücher schreiben können. Auch die politischen Bücher ziehen mich nicht mehr an. Dennoch sehne ich mich nach der Ruhe vergangener Tage. Wie schön war es, im Schein der Tischlampe ein gutes Buch zu lesen. Das Radio spielte klassische Musik und mir schien, ich verstünde ich die Welt.

Ich fange an aufzuräumen.Wische Staub, fege den Boden, langsam sieht der Raum wieder angenehm aus. Ich bereite alles für die Nacht vor. Systematisch, wie für einen besonders gefährlichen

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