Ich erinnere mich an den Verletzten und hasse sie in diesem Moment. Um mich zu rächen, zeige ich ihr einige besondere

Horrorfotos - den bei der Stellung 125 begrabenen Ägypter, dessen Bein noch aus der Erde ragt, das Bild des Sudanesen, der mit Benzin übergossen und angezündet wurde, weil man zu faul war, ihm ein Grab zu schaufeln, oder das Bild des dreijährigen Jungen, dessen Vater erschossen wurde. Ihr Interesse an den Fotos ist schnell verflogen.

"Komm, lass diese schrecklichen Bilder", bittet sie und setzt sich zu mir aufs Sofa. "Heute Abend gibt es keinen Krieg. Einverstanden?"

Ich küsse sie. Dummchen. Meint sie, man könne den Krieg in eine Schublade schließen wie eine alte Tasche und dann die Friedensschublade öffnen? Ihre Bluse rutscht aus dem Rock. Ich streichele ihren Rücken und bedecke ihren Körper mit Küssen. Warum eigentlich nicht? Warum kann man den Krieg nicht in eine Schublade schieben?

"Wenn du mir hilfst, vergesse ich den Krieg." Ich ziehe sie an mich.

"Das ist nicht nett", stöhnt sie. Fast hätte ich laut gelacht. Das ist nicht nett! Und wenn man uns zum Sterben schickt oder um andere umzubringen, ist das nett? Ein armer Fellache, der gerade eine Kugel in den Kopf bekommt, findet das sicher auch nicht sehr nett.

Ich streichele ihre Schenkel. Im Licht der abgedunkelten Lampe sind sie rund und rosig.

"Mach wenigstens das Licht aus", bittet sie. Ich möchte das Licht nicht löschen. Ich möchte das Spiel der Muskeln, die sich bewegenden Körper sehen. Sie sind so anders als die Körper, die ich in den letzten Tagen am Straßenrand liegen sah, oder auf den Feldern. Wozu an die Toten denken? Die Toten haben keine Körper, nur stinkende Kadaver. Das hier ist ein lebender Körper, ein hübscher Körper. Ich drücke mein Gesicht hinein.

"Du bist grob!", stellt Jucki fest.

"Ja", sage ich.

Ihre Augen sind geschlossen, ihr Atem geht schwer. Ich aber bin gar nicht erregt. Mir ist, als sei ich gar nicht hier. Ich schwebe irgendwo und sehe uns beiden lächelnd zu. Ich schlafe mit ihr, als müsste ich eine Pflicht erfüllen, oder, um Erinnerungen zu spei-

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