"Wirklich?", staunt das Mädchen. Auch ich stehe in ihren Augen sofort erheblich besser da. Ich möchte ihr eigentlich sagen, dass die Armee mir diesen bombastischen Titel nicht verliehen hat. Dass ich vielmehr der armselige Anführer eines noch armseligeren Zuges in einer Kampfkompanie bin. Aber soll ich Jamus das schöne Spiel verderben? Also ziehe ich meine Schulterklappen aus der Tasche, die eines Oberleutnants, und befestige sie an ihrem angeblich richtigen Platz.

Die Wahrheit ist, dass wir die Dinger zum Überleben bei uns haben. Wir wissen, dass die Soldaten auf beiden Seiten während des Kampfes vorwiegend die Mannschaftsdienstgrade unter den Gefangenen töten. Offiziere nicht. Das hat nichts mit Großzügigkeit oder Respekt zu tun, sondern mit militärischer Räson. Die Abwehr verlangt, dass gefangene Offiziere zu ihnen gebracht werden - um Informationen aus ihnen herauspressen zu können.

Unser Kalkül, nach langen Überlegungen und Diskussionen:

Bevor wir in Gefangenschaft geraten, hoffen wir, die Rangabzeichen noch schnell anlegen zu können und so unser Leben zu retten. Später, wenn wir in die Etappe gebracht werden, müssen wir uns eben irgendetwas einfallen lassen.

Nachdem wir angefangen hatten, die Dinger mit uns herumzu-

tragen, stellten wir fest, dass sie auch in durchaus weniger gefährlichen Situationen hilfreich sind. Als Offiziere verkleidet ist es viel einfacher, Fahrzeuge anzuhalten. Jeder Scheißtyp, der verächdich an einem einfachen Soldaten vorbeibraust, betrachtet es als eine Ehre, für einen Hauptmann oder einen Oberleutnant anzuhalten und diesen mitnehmen zu dürfen.

Einmal hatten wir allerdings versehentlich das Auto des Brigadekommandeurs gestoppt. Wir hatten sein Gesicht zu spät erkannt. Er wird sich gewundert haben, zwei Offiziere zu sehen, die plötzlich kehrtmachen und im schnellen Sprint hinter der nächsten Kreuzung verschwinden.

"Habt ihr vielleicht eine Zigarette?", bittet das Mädchen.

Die Zigaretten sind in meiner Tasche. Ich komme aber nicht an sie heran, solange die junge Frau auf meinem Bein sitzt.

"Kannst du ein wenig nach rechts rücken", bitte ich sie und prompt sitzt sie auf Jamus' Schoß. Ich hole die Zigaretten aus der Tasche und verteile drei. "Und jetzt", ich wende mich an Jamus,

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