Wir sind noch 25 Mann. Wenn wir noch fünf Minuten hier stehen, werden wir alle krank. Ich bin total übermüdet. Aber ich weiß, wenn die Hälfte der Leute krank wird, kann ich nur mit der anderen Hälfte die Stellungen besetzen. Das bedeutet doppelte Wachzeiten und doppeltes Risiko.

"Laufen!", schreie ich.

Keiner bewegt sich. "Du! Du! Und du!", ich schiebe sie nach vorn. Einer legt sich auf den Boden. "Steh auf", schreie ich ihn an und schieße eine Kugel in die Erde. Er steht auf. Wir laufen. Die verfrorenen Glieder werden langsam wärmer.

"Singen!", befehle ich.

Ich beginne mit einem unanständigen französischen Lied, das sie mir beigebracht haben. Ich habe kein gutes Gehör. Auch an normalen Tagen bin ich kein begnadeter Sänger. Jetzt hört sich meine Stimme an wie das Jaulen eines heiseren Schakals. Unwichtig! Erst einer, dann ein Zweiter, ein Dritter schließen sich an.

"Bei meiner Blondine

Schläft sich's gut, schläft sich's gut..."

Wir brüllen und laufen. Unsere Klamotten sind durchnässt und die Straße ist glatt, aber langsam bessert sich unsere Laune.

Hinter uns kommt ein Fahrzeug. Ich wedele wieder mit der

Pistole und schieße in die Luft - als Vorwort zu der Verhandlung. Aber mir ist der Spaß an der Sache vergangen.

"Bist du verrückt?" Es ist die Stimme von Jamus, der mit unserem Auto aus dem Krankenhaus zurück ist.

Die Männer steigen auf. Ich setze mich neben den Fahrer.

Regen, Regen, Regen.

Der Militärbus ist überfüllt. Morgen früh, noch vor Sonnenaufgang, werden wir die Stellungen übernehmen. Zum ersten Mal werden unsere Marokkaner an der Front sein. Zum ersten Mal

werde ich bei einem Einsatz führen. Wir konnten ihnen einige Stunden Unterricht mit dem Gewehr erteilen, eine mit dem Maschinengewehr. Aber keine einzige Stunde Feld- oder Nacht-

Übungen. Dem Dienstplan entsprechend mussten wir ihnen erst das Exerzieren beibringen. Der Armeeführung ist das offenbar wichtiger.

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