schönes brausendes Leben erfasst uns, richtet sich auf und explodiert, übergießt uns mit liebevoller Wärme.

Dann überkommt uns große Traurigkeit. Wir liegen bewe-

gungslos nebeneinander, ihre Wange streift meine, ihr Atem streichelt meinen Hals. Ich möchte so liegen bleiben bis ans Ende der Welt, bis zum Ende der Schrecken. Aber ich weiß, dass ich in einer Stunde aufstehen werde, dass ich 23 unschuldige junge Männer ins Schlachthaus fuhren werde und dass keiner von uns von dort mit heiler Seele und heilen Knochen zurückkommen wird.

Winzige Regentropfen, zarte, dünne ...

Jamus und ich haben beschlossen, dass ein Zugführer ausreicht und so verschwinden wir gelegentlich abwechselnd. Einmal in der Woche fährt er zum Ohrenarzt in Rechovot, und einmal in der Woche fahre ich zum Zahnarzt nach Tel Aviv. Zwar sind meine Zähne völlig in Ordnung. Aber ich habe einen Zettel vom Doktor, auf dem einige lateinische Ausdrücke stehen. Damit kann ich jederzeit einen kurzen Urlaub bekommen - wann immer ich beschließe, ihn einzusetzen. Der Spieß versteht kein Latein.

Ich werfe einen Blick ins Zelt, stopfe die dreckige Wäsche in die Seitentasche, lege die gelesenen Taschenbücher dazu und will den Sanitäter meinen Zettel unterschreiben lassen, bevor ich nach Tel Aviv weiterfahre. Unser Zelt ist eine Oase in diesem wüsten Camp. Jamus und ich haben hier unsere Beute des letzten Jahres angesammelt - da ist der tiefe Sessel, den wir am Altalena-Tag2 vom Irgun mitgehen ließen, die Wasserpfeife, die ich in al-Chudad erworben habe, zwei Stühle aus einem Café, in dem überhöhte Preise für zwei Becher Eis verlangt wurden, ein Klapptisch vom Stab eines ägyptischen Bataillons und eine Kommode, die wir in einer verlassenen englischen Kaserne gefunden haben. So lässt es sich ganz gut leben.

Auf dem Weg zur Sanifätsstation starren mich die Augen von Fini an. Fini gehört zum Bataillonsstab. Ein Junge mit tragischem Blick und eingefallenen Schultern, von dem keiner genau weiß, was eigentlich seine Aufgabe ist.

"Gut, dass du hier bist", sagt er zu mir und klopft mir auf die Schulter. "Ich habe einen Job für dich."

"Tut mir Leid", sage ich eilig. "Ich habe keine Zeit!" Fini hat keinen Rang. Ich brauche von ihm keine Anweisungen anzunehmen.

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