Als ich nach vielen Umwegen die Knesset erreichte, stand das neue, imposante, jedoch ziemlich hässliche Gebäude unter heftigem Beschuss - das einzige Parlament in der Welt, kam es mir in den Sinn, das nur etwa anderthalb Kilometer von der feindlichen Artillerie entfernt war. Die Geschosse schlugen in unmittelbarer Nähe ein. Nach einer kurzen Sitzung, in der wir einige Anträge zur Finanzierung des Krieges genehmigten, wurden wir in den Luftschutzbunker gejagt. Dort flüsterte mir ein Freund, ein Vertrauter des Ministerpräsidenten, die Neuigkeit zu, dass die feindliche Luftwaffe praktisch vernichtet sei. Das bedeutete, dass der Krieg gewonnen war, bevor er überhaupt richtig angefangen hatte. Unsere Stimmung schlug von tiefer Besorgnis in Jubel und Heiterkeit um. Anstelle eines langen Krieges mit Tausenden und aber Tausenden von Verlusten konnten wir nun mit einem Blitzsieg rechnen.

Ich habe nicht die Absicht, die Geschichte dieses Krieges zu erzählen. Mehrere Bücher sind bereits über ihn geschrieben worden, denen noch viele weitere folgen werden. Aber ich möchte kurz die Ereignisse, die zu ihm hinführten, nachzeichnen - nicht, um neue Tatsachen zu enthüllen, sondern eher, um zu zeigen, wie dieser Krieg zustände kam, gleich einem Geschehen in der griechischen Tragödie. Niemand hatte ihn gewollt, und alle handelten wie Schauspieler: Sie spielten eine Rolle, die ihnen ein unsichtbarer Autor diktiert hatte, sagten Worte, die jemand anders geschrieben hatte, und dies alles gemäß einer inneren Logik, die niemand ganz verstand.

Diese Logik war die Folge von Ereignissen, die mehr als siebzig Jahre zurücklagen und doch hinter allem standen, was in jenem Monat geschah. Sie - die Ereignisse, die Ursachen, die Verhaltensweisen, welche aus ihnen resultierten, der ganze Teufelskreis, in dem dieser Krieg nur ein Element unter vielen anderen war - sind der Gegenstand dieses Buches.

Der 15. Mai 1967 war ein schöner, sonniger und heißer Tag. Es war der Unabhängigkeitstag, der festlichste Tag des Jahres, an dem die Gehurt des Staates Israel inmitten des Krieges mit einer Militärparade gefeiert wird. In diesem Jahr fand die Parade in Jerusalem statt und fiel daher ziemlich klein aus, denn gemäß dem Waffenstillstandsabkom¬

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