Aber das Buch enthielt auch nicht einen einzigen Hinweis auf die Tatsache, dass Palästina von Arabern bewohnt war. Ja das Wort "Araher" fallt überhaupt nicht. So eigenartig das erscheinen mag - es gab einen Grund: Als Herzl von seinem Zukunftsstaat träumte, dachte er dabei nicht an irgendein bestimmtes Land. Sein Plan einer nationalen Heimstätte konnte überall verwirklicht werden - in Argentinien, in Kanada, in Uganda. Erst gegen Ende seiner Arbeit gelangte Herzl zu der Überzeugung, dass die Palästina-Idee dem Plan eines jüdischen Staates die nötige emotionale Stoßkraft verleihen würde. Deshalb lugte er einen kurzen Absatz in sein Buch ein, in dem er ausführte, dass Palästina der beste potentielle Ort für den neuen jüdischen Staat sein könnte. In diesem Absatz, der eher wirkt, als sei er nachträglich hinzugefügt, erklärt Herzl, ein jüdischer Staat in Palästina würde "ein Stück des Walles gegen Asien bilden", und er fügt hinzu:"... wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen." Diese Worte, die vielleicht ziemlich unbedacht niedergeschrieben wurden, sind höchst bezeichnend. Herzl hatte zu jener Zeit offenbar kaum an Palästina als an ein tatsächlich existentes Gebilde gedacht. Wahrscheinlich wusste er nur sehr wenig über das Land, seine Einwohner und seine geopolitische Bedeutung.

Anlässlich des Zionistenkongresses von 1931 gab Chaim Weizmann, der spätere erste israelische Präsident, eine interessante BeSchreibung von Herzls Entwicklung in einer Rede, die sich gegen Forderungen richtete, das "endgültige Ziel" des Zionismus als eines jüdischen Staates zu fixieren.

Weizmann führte aus, "dass die Konzeption des jüdischen Staates nur in dem Buch der Judenstaat selbst anzutreffen ist". Nun ist es, wie man weiß, durchaus nicht klar, dass Herzl in seinem Judenstaat an Palästina als das Land dachte, in dem sein Plan voraussichtlich zur Ausführung gebracht werden würde.

Weizmann fährt fort: "Tatsächlich machen die Ausführungen Herzls im Judenstaat den Eindruck, dass er den Palästina-Plan als einen mehr akademischen betrachtete und geneigt war, ihn als einen )frommen Traum< aufzugeben, weil er wirklichen ernsthaften Erwägungen nicht standhalten könnte. Jedenfalls gibt es kein sicheres Zeichen dafür, dass

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